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"Zahlungen leisten, dann Schlussstrich ziehen"

Von Alexandra Grass

Politik

Grundsätzlich sind die Österreicher bezüglich der Entschädigungszahlungen an NS-Opfer positiver eingestellt als noch im Jänner dieses Jahres, wie aus einer im Auftrag der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik erstellten Umfrage der Sozialwissenschaftlichen Studiengesellschaft (SWS) hervorgeht. Insgesamt 62 Prozent der Befragten meinen jedoch, dass "Österreich seit 1945 Wiedergutmachung geleistet hat und jetzt endlich einmal Schluss sein muss", wie der Generalsekretär der Gesellschaft für Europapolitik, Gerhard H. Bauer bei der Präsentation der Studie ausführte. Ein gutes Zeugnis stellten die Österreicher der Regierungsbeauftragten Maria Schaumayer aus.


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Gefragt wurde u.a., wer eine Entschädigung bekommen soll. Hier sprechen sich 74 Prozent - im Jänner noch 60 Prozent - dafür aus, Zwangsarbeiter, die gesundheitliche Schäden erlitten haben, zu entschädigen.

Bei Roma und Sinti, die im KZ waren, stieg der Prozentsatz von 40 auf 64, bei Juden, die im KZ waren, von 44 auf 69 und für alle Zwangsarbeiter, die noch leben, von 48 auf 59 Prozent. Auch für Hinterbliebene gab es mit 16 statt bisher 10 Prozent eine positivere Einstellung.

Bauer führt das positive Ergebnis auf die erfolgreiche Tätigkeit von Schaumayer zurück.

Insgesamt 58 Prozent der Befragten sind jedoch der Ansicht, dass man es den Firmen überlassen sollte, mit den Klägern zurecht zu kommen. Lediglich 34 Prozent sind dafür, dass in dieser Frage die Regierung aktiv wird.

Was die allgemeine Frage der Wiedergutmachung betrifft, sind 62 Prozent der Meinung, dass Österreich seit 1945 einiges geleistet habe und daher jetzt endlich einmal ein Schlussstrich gezogen werden müsse (43 Prozent stimmten dem voll zu, 19 Prozent eher).

Immerhin 67 Prozent sind dafür, dass Juden bzw. deren Nachkommen das restlos zurück erhalten, was ihnen in der Nazi-Zeit geraubt wurde. 56 Prozent schließlich stimmten zu, dass alle, die während des Zweiten Weltkrieges verfolgt wurden, entschädigt werden sollen.

Generell könne gesagt werden, so Bauer, dass Jugendliche und Akademiker mehr für Entschädigungszahlungen eintreten. In der Bundesländerstatistik liegt das Burgenland mit 86 Prozent vorne.

Sympathisanten der Grünen sprechen sich zu 80 Prozent für Wiedergutmachung, der SPÖ zu 65, der ÖVP zu 58, der FPÖ lediglich zu 39 Prozent aus.

Jetzt muss endlich Schluss sein: Dieser Forderung stimmen insgesamt 83 Prozent der deklarierten FPÖ-Anhänger zu (77 Prozent stimmen voll zu, 6 Prozent eher), 66 Prozent der ÖVP-Anhänger (50 voll, 16 eher), 64 Prozent der SPÖ-Sympathisanten (37 voll, 27 eher) und 28 Prozent der Grün-Anhänger (11 voll, 17 eher).

Eine Mehrheit von 52 Prozent glaubt nicht, dass durch die Entschädigung ehemaliger Zwangsarbeiter aus den Oststaaten sich die Meinung über Österreich in Europa verbessern wird. Ebenfalls eindeutig mit Nein (70 Prozent) antworteten die Befragten, ob die Zahlungen Vorteile für die österreichische Wirtschaft bringen. Nur 16 Prozent antworteten hier mit Ja.

Immerhin 35 Prozent sind heute der Ansicht, dass die allfälligen Zahlungen den ehemaligen Zwangsarbeitern und KZ-Häftlingen tatsächlich zu Gute kommen werden. Aber immer noch 51 Prozent sind der Meinung, dass die Gelder vorwiegend die Anwälte kassieren werden. 1998 hatte jedoch die Verteilung noch 18 zu 69 Prozent gelautet.

2,2 ist die Durchschnittsnote, die der Regierungsbeauftragten Schaumayer von den Österreichern ausgestellt wurde. 21 Prozent werteten ihre Arbeit mit sehr gut, 33 mit gut, 24 mit befriedigend, nur vier mit genügend und lediglich zwei Prozent gaben ihr ein nicht genügend.

Wie Bauer abschließend betonte, habe ihn das Ergebnis überrascht. Der Studie zufolge habe sich die Aufklärungsarbeit, auch von Seiten der Medien, positiv auf die Bevölkerung ausgewirkt.

Der Experte meinte außerdem, man solle nun klaren Tisch machen und die Zahlungen leisten, aber dann das Thema beenden. Prinzipiell gebe es in der europäischen Geschichte eine Reihe von Fällen, die behandelnswert wären.