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Zwanzig Jahre nach ihrem sebstbewussten ersten Auftritt im Parlament von Ankara will die Kurdenpolitikerin Leyla Zana in die türkische Volksvertretung zurückkehren. Zana hat sich bereits in der südostanatolischen Stadt Diyarbakir als unabhängige Kandidatin für die Parlamentswahl am 12. Juni aufstellen.
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Zana hatte bei ihrer Vereidigung als Abgeordnete 1991 einige Worte in kurdischer Sprache gesagt und war zu einer langen Haftstrafe verurteilt worden.
Zana und die kurdischen Abgeordneten Hatip Dicle, Orhan Dogan und Selim Sadak waren damals wegen angeblicher Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor Gericht gestellt und 1994 zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Erst zehn Jahre später wurde Zana - nach vehementem Druck der EU - freigelassen.
Während ihrer Haft erhielt sie den Sacharow-Menschenrechtspreis des EU-Parlaments zuerkannt. 2002 verurteilte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte das Vorgehen der türkischen Behörden und sprach Leyla eine Entschädigung von 50.000 Euro zu. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass das Verfahren gegen Zana und ihre Mitangeklagten mit rechtsstaatlichen Standards unvereinbar gewesen sei - unter anderem weil der Verteidigung das Recht verweigert wurde, Zeugen zu befragen.
Die heute 49-jährige Zana kandidiert in Diyarbakir für ein Wahlbündnis, mit dem die kurdische Partei für Frieden und Demokratie (BDP) die geltende Zehn-Prozent-Hürde überspringen will.
Wegen ihrer ungebrochenen Popularität bei den türkischen Kurden hat Zana gute Chancen, in der Stadt ein Direktmandat zu erringen. Die Zehn-Prozent-Hürde gilt nur für Parteien, nicht aber für unabhängige Kandidaten. Schon bei der Wahl 2007 hatten rund zwei Dutzend Kurdenpolitiker auf diese Weise den Einzug ins Parlament geschafft.