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Kosovo will Mitglied der Unesco werden - sehr zum Ärger Serbiens.
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Seit 700 Jahren stehen sie dort. Geschmückt mit Fresken griechischer Maler, Ikonen byzantinischer Meister, erhellt von den Lichtstrahlen, die die gotischen Fenster unter dem Kreuzgewölbe durchlassen. Die Klöster in Pec, Decani oder Gracanica sind Prunkstücke des serbisch-byzantinischen Stils. Auf der Liste des Unesco-Weltkulturerbes befinden sie sich schon. Nun will das ganze Land der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur beitreten.
Das aber sorgt im Nachbarland für Empörung. Denn die Kirchenschätze, die Serbien als nationales Heiligtum betrachtet, befinden sich im Kosovo. Und diese ehemalige südserbische Provinz wird von Belgrad nicht als eigenständiger Staat anerkannt. Deswegen ist es auch vor der Generalkonferenz der Unesco in eine diplomatische Gegenoffensive gegangen. Das Präsidialamt veröffentlichte ein Video, in dem die Zerstörung serbischer Kulturgüter während der Kriege in den 1990er-Jahren und 2004 gezeigt wird. Auch eine Online-Kampagne gegen die Aufnahme des Kosovo in die UN-Organisation wurde gestartet. Eine Mitgliedschaft wäre "aus Sicht des Völkerrechts unbegründet", befand Premier Aleksandar Vucic. Nun ist Belgrad zumindest um eine Verschiebung des Votums um zwei Jahre bemüht.
Die Abstimmung ist für Montag angesetzt, zuvor hat sich der Exekutivrat der Organisation für einen Beitritt des Kosovo ausgesprochen. Die Entscheidung bei der Generalkonferenz in Paris müsste mit einer Zweidrittel-Mehrheit unter den 195 Mitgliedstaaten fallen.
Für den Kosovo, dessen Aufnahme in die Vereinten Nationen am serbischen Veto gescheitert ist, wäre dies die erste Mitgliedschaft in einer spezialisierten UN-Organisation. Bisher ist das Land mit seinen rund 1,8 Millionen Einwohnern nur im Internationalen Währungsfonds und in der Weltbank vertreten. Nicht nur Serbien erkennt seine Unabhängigkeit nicht an. Auch fünf EU-Staaten nehmen diese Haltung ein: Spanien, Rumänien, die Slowakei, Griechenland und Zypern. Teil der Unesco zu sein, wäre also ein diplomatischer und außenpolitischer Erfolg für Pristina.
Doch ist das nicht alles. Von der Unterstützung der UN-Organisation erhofft sich der Kosovo auch bessere Perspektiven für seine Studenten oder Wissenschaftler, die leichter Zugang zu Studien im Ausland, internationalen Gremien oder Konferenzen hätten - und so zum Durchbrechen der Isolation einer der ärmsten Regionen Europas beitragen könnten. Die Kosovaren sind die einzigen auf dem Westbalkan, die für Reisen in die EU noch ein Visum benötigen. Außerdem könnten sie als Unesco-Mitglied ihre Kulturschätze besser vermarkten.
Von diesen hätten sie jedoch selbst etliche vernichtet, lautet das Gegenargument der Serben. Die Regierung in Belgrad fürchtet um den Erhalt und die Pflege der Denkmäler - obwohl die kosovarischen Behörden Sicherheitsgarantien abgegeben haben.
Darauf verweist ebenfalls die Grüne EU-Abgeordnete Ulrike Lunacek. Das serbische Kulturerbe sei bereits geschützt - und als Unesco-Mitglied werde der Kosovo das noch besser gewährleisten, meint die Kosovo-Berichterstatterin des Europaparlaments. Der Widerstand Serbiens ist für sie daher unverständlich.