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Maria Schaumayer, Regierungsbeauftragte für die Entschädigung von Zwangsarbeitern, fühlt sich nicht zuständig. Ihr wurde zu diesem Thema kein Mandat übergeben. US-Beauftragter Stuart Eizenstat hat Gespräche mit Kanzler Schüssel und Bundespräsident Klestil geführt. Dass die Arisierung nicht gleichzeitig mit der NS-Zwangsarbeiterproblematik behandelt wird, schlägt allerdings immer mehr Wellen.
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Ein Parallelauftrag für die Judenentschädigung und die Zwangsarbeiter führe nur zu zeitlicher Verzögerung, so US-Beauftragter Stuart Eizenstat. Trotzdem verlangt Eizenstat nach wie vor eine rasche Lösung in Sachen Restitution und rechnet mit der Kooperation von Kanzler und Bundespräsident, die in einem Dienstag geführten Gespräch zugesichert wurde. Wann es dazu kommen wird, liegt freilich in österreichischer Hand, so Schaumayer.
Der Aufreger Fagan
Gleichzeitig hat die umstrittene Ausgrenzung der Juden den Anwalt Ed Fagan auf den Plan gerufen. Der amerikanische Anwalt hatte kurz nach der Bestellung Schaumayers eine Kompetenzausweitung gefordert und dafür eine Abfuhr kassiert. Die Ausgrenzung der Arisierungsthematik war für ihn mit ein Grund, eine Klage einzubringen, die eine Forderung von 140 Mrd. Schilling anstrebt. In der am Dienstag abgehaltenen Pressekonferenz (die "Wiener Zeitung" berichtete) hatte Fagan mit seinem US-Kollegen Carey d´Avino mit einiger Erregung noch einmal auf die Problematik hingewiesen. Zankapfel war diesmal nicht die Arisierung selbst, sondern vielmehr wie sie sich in dem Zwangsarbeiterentschädigungsgesetz manifestiert. Juden dürften demnach entweder in Deutschland oder in Österreich um Entschädigung ansuchen, während sich Zwangsarbeiter an beide Länder wenden könnten.
Für Bertrand Perz, Historiker am Institut für Zeitgeschichte in Wien, ist Fagans Argument nicht nachzuvollziehen. Er sieht trotzdem eine schwierige Situation aufziehen: "Man läuft Gefahr KZ-Häftlinge, also jene Gruppe, die am schwersten betroffen ist, zwischen den Stellen hin- und herzuschieben." Da ja die sechs Mrd. S ohnehin nur eine "Geste" sei, so auch Schaumayer, wäre es von der Bundesregierung auch in diesem Fall eine schöne Geste gewesen, die KZ-Häftlinge mitzuentschädigen.
Klagen der Juden
Der Präsident der Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, hat den Arisierungsopfern bereits den Rechtsweg nahe gelegt. Auch für Perz ist die Trennung Zwangsarbeiter und Juden nicht ganz nachvollziehbar. Er hätte für die Vorgehensweise Muzicants volles Verständnis. Darüber hinaus hält der Historiker die Bestellung eines Beauftragten, der sich mit der Frage der Arisierung auseinandersetzt, für absolut notwendig. "Ich persönlich glaube, dass nur dann die Arisierung in Angriff genommen wird, wenn der politische Druck sich weiter verstärkt", so Perz im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Allein in Wien handelt es sich um rund 70.000 Wohungen und 5000 Betriebe, die arisiert wurden. "Die Materie ist sehr komplex, bei den Wohnungen geht es ja auch um Mobilar oder Hypotheken, das alles muß geklärt werden", umreißt Perz die Schwierigkeit der Aufgabe.
Unpolitische Kommission
Die Historikerkommission will sich allerdings nicht in politsche Beschlüsse einmischen, weist man dort einmal mehr auf die ausschließlich wissenschaftliche Arbeit der Kommission hin.
Den Vorwurf, dass die Kommission zu langsam arbeite, könne man sich nicht gefallen lassen, vielmehr leitet diesen Eva Blimlinger, Forschungskoordinatorin der Kommission, an die Politk weiter. Mit der Bestellung von Schaumayer würde der Prozess nun relativ rasch vorangehen, so die Forschungskoordinatorin. Insgesamt hätten schließlich eine Millionen Zwangsarbeiter auf österreichischem Gebiet gearbeitet, nur ein Viertel hat bis heute überlebt.