Der aus den spanischen Parlamentswahlen vom Sonntag als Sieger hervorgegangene Parteichef der Sozialisten (PSOE), Jose Luis Zapatero, kündigte am Montag nach der ersten Analyse der Wahlergebnisse an, dass er eine Minderheitsregierung bilden und dass es einen außenpolitischen Kurswechsel geben werde. Zapatero will die 1.300 im Irak stationierten spanischen Soldaten bis zum 30. Juni heimholen und auch den von seinem Vorgänger Aznar eingeschlagenen Kurs gegenüber der EU ändern. (Siehe nebenstehender Bericht).
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 20 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Das spanische Engagement im Irak an der Seite der USA war nach den Anschlägen vom vergangenen Donnerstag wahlentscheidend und hat zur Niederlage der regierenden Volkspartei beigetragen. Die Sozialisten hatten den Irakkrieg wie die überwiegende Zahl der Spanier abgelehnt. "Der Irak-Krieg war ein Desaster. Die Besatzung ist ein Desaster", sagte Zapatero - dessen Familienname ins Deutsche übersetzt "Schuster" bedeutet. Ein Verbleib spanischer Soldaten im Irak komme nur in Frage, wenn die Macht im Irak an die UNO übertragen werde. "Man kann einen Krieg nicht auf der Grundlage von Lügen organisieren" fügte Zapatero hinzu, der wohl auch deshalb so klar gewonnen hat, weil die regierende Volkspartei wider besseres Wissen der baskischen Terrororganisation ETA die Verantwortung für die bisher 201 Toten und 1.500 Verletzten der Madrider Attentate in die Schuhe schieben wollte, um von der El-Kaida-Spur abzulenken.
Italien bittet Zapatero, seine Position "zu überdenken"
Italien hat daraufhin Zapatero gebeten, seine Haltung in der Irak-Politik zu überdenken und die spanischen Truppen im Irak zu belassen. "Spanien sollte weiterhin im Geist des europäischen Miteinanders und der europäisch-amerikanischen Verbundenheit handeln", so Außenminister Franco Frattini. Dänemark und Rumänien haben angekündigt, ihre Truppen auch bei einem spanischen Abzug im Irak belassen zu wollen.
Unterdessen kündigte Zapatero, dessen Wahlkampagne unter dem Motto "Wir verdienen ein besseres Spanien" gelaufen war, an, er werde in sein Kabinett Personen aufnehmen, die über Regierungserfahrung in den autonomen Regionen verfügen. Die beiden Buchstaben ZP auf seinen Wahlplakaten, die "Zapatero Presidente" (Zapatero Regierungschef) bedeuteten, waren bis zum Vorliegen der Wahlergebnisse am Sonntag Abend von manchen Wahlbeobachtern als Wunschdenken belächelt worden.
Die Sozialisten haben bei den Wahlen am Sonntag 164 der insgesamt 350 Mandate im Parlament gewonnen, gegenüber der Wahl vor vier Jahren ein Plus von 39 Sitzen. Sie konnten ihren Stimmanteil von 34,2 auf 42,6 Prozent aufstocken und insgesamt drei Millionen Stimmen mehr auf sich vereinigen als im Jahr 2000.
Die konservative Volkspartei (PP) fiel von 44,5 auf 37,6 Prozent zurück, verlor 35 ihrer bisherigen 183 Sitze und rund 700.000 Stimmen. Besonders herb waren die Verluste der PP in Katalonien und im Baskenland. Das unerwartet schwache Abschneiden der Volkspartei, die eine Woche vor der Wahl in den Umfragen noch mindestens vier Prozent vorne gelegen waren, überraschte niemand mehr als Regierungschef Aznar und dessen designierten Nachfolger Mariano Rajoy.
Drittstärkste Kraft blieben die bürgerlichen katalanischen Nationalisten (CiU) die aber 5 ihrer bisher 15 Mandate einbüßten. Neben der PSOE war die katalanische Republikanische Linke der zweite große Wahlsieger: Sie konnte ihren Mandatsstand von 1 auf 8 aufstocken. Die landesweit kandidierende Vereinigte Linke (IU) konnte zwar ihren Stimmenstand leicht verbessern, verlor aber nicht zuletzt wegen der gestiegenen Wahlbeteiligung prozentuell und damit auch drei ihrer bisherigen acht Sitze im Parlament.
Andalusien: Absolute
Mehrheit für Sozialisten
Aber nicht nur in Madrid hatten die Sozialisten am Sonntag Abend Grund zur Freude. Bei den gleichzeitig abgehaltenen Regionalwahlen in Andalusien gab es ebenso einen Erdrutsch wie bei den Parlamentswahlen. Der beliebte sozialistische Regionalpräsident Manuel Chavez konnte der Volkspartei in dieser Region 9 ihrer 46 Sitze abnehmen und seinen Mandatsstand von 52 auf 61 ausbauen. Vereinigte Linke und die Andalusische Partei konnten ihren Mandatsstand von 6 und 5 Sitzen halten. Die PSOE kam in Andalusien auf 50,27 Prozent. Vor vier Jahren hatte sie nur 44,32 erreicht. Die PP sackte von 38 auf nunmehr nur noch 31,79 Prozent ab.