Faymann kündigt Veränderungen bei Vergaben an, Heinisch-Hosek skeptisch.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 11 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Wien. Man kann nicht gerade behaupten, es wäre Liebe auf den ersten Blick gewesen, doch nun flirtet die Bundesregierung tatsächlich mit der Transparenz und einem Informationsfreiheitsgesetz. Schon vor Wochen hatte Staatssekretär Josef Ostermayer den Verfassungsdienst mit einer Prüfung beauftragt, Kanzler Werner Faymann erwartet in den kommenden zwei Wochen erste Ergebnisse. Nach dem Ministerrat wollte sich der Kanzler zwar noch nicht festlegen, aber: "Eine Bewegung wird’s hier sicher geben, und zwar zu Recht."
Die Grünen haben bereits einen Antrag im Parlament angekündigt, die zivilgesellschaftliche Initiative "transparenzgesetz.at" wird heute, Mittwoch, über die von ihr geplanten weiteren Schritte informieren.
Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek unterstützte am Dienstag zwar den Ruf nach mehr Transparenz, gab sich aber auch skeptisch. "Es sind noch sehr viele Fragen offen. Man muss genau prüfen", sagte sie. So dürften etwa staatsnahen Unternehmen keine Wettbewerbsnachteile durch Transparenz entstehen, betonte Heinisch-Hosek.
Es sind eben diese vielen offenen Fragen, die in den kommenden Wochen darüber entscheiden werden, ob sich in Österreich Verwaltung und Transparenz tatsächlich vermählen. Und dann sind da ja auch noch die Länder und Gemeinden, die ihr Einverständnis werden geben müssen. Und das könnte auf dem Weg zu einem Informationsfreiheitsgesetz eine der größten Hürden sein.
So überraschte es, dass Staatssekretär Sebastian Kurz, der am Montag mit der Forderung nach einem solchen Gesetz vorgeprescht war, am Rande des Ministerrats erklärte, dass er den größten Bedarf für Transparenz auf Bundesebene sehe. Verwaltungsrechtler Franz Merli von der Universität Graz widerspricht: "Das ist ein Unsinn, im Bund gibt es viel mehr Informationen." Merli verweist darauf, dass auf Bundesebene sowohl die Opposition als auch die Medien ein ganz anderes Druckpotenzial aufbauen würden als in den Ländern.
Gleiche Standards für alle
Dass mitunter auch die politische Kultur auf Ebene der Länder eine andere ist, machte erst jüngst ein Interview von Kärntens Landeshauptmann Gerhard Dörfler wieder bewusst. Auf die Frage der "Kleinen Zeitung", ob das Land oder die FPK für seinen Brief an Kärntner Haushalte zur Wehrpflicht-Abstimmung bezahlt habe, antwortete Dörfler: "Was interessiert Sie das?"
Ob Veranlagungen der Länder wie in Salzburg und Niederösterreich, eine millionenschwere Presseförderung für die Parteien in der Steiermark oder das üppige 50-Millionen-Euro-Budget für die Öffentlichkeitsabteilung in Wien - Gründe für ein Mehr an Transparenz in den Ländern gibt es wohl genug.
Der grüne Justizsprecher Albert Steinhauser sieht es als schwierigste Aufgabe, die Länder von einer einheitlichen Regelung zu überzeugen. "Diese Einheitlichkeit ist aber wichtig, denn es müssen für alle die gleichen Standards gelten", sagt Steinhauser. Auch auf Gemeindeebene sei Transparenz geboten, wenn es für die Bürger beispielsweise um Grundstücksumwidmungen geht.
Rechtswissenschafter Merli, der in Graz ein Projekt zur Modernisierung der Verwaltung leitet, sieht die Möglichkeiten, die das Auskunftspflichtgesetz bereits jetzt bietet, noch nicht ausgeschöpft, auch wenn er Österreich im Ländervergleich auch "hinter dem europäischen Trend" verortet. "Die Amtsverschwiegenheit ist keine Mauer, über die man nicht drüber kommt", sagt Merli. Oft würden aber auch Journalisten nicht die Geduld und Zeit aufbringen - oder könnten es auch nicht -, entsprechend lange auf die Herausgabe von Dokumenten zu warten. "Aber sicher ist die Kultur hier geheimniskrämerisch", sagt Merli.
Ein Einsparungspotenzial für die öffentliche Verwaltung durch mehr Transparenz sieht der Grazer Wissenschafter eher nicht, vielmehr könnte falsch verstandene Transparenz die Kosten für die öffentliche Hand erhöhen. "Wenn man eine Autobahn bauen will, ist es sinnvoll, dass man es geheim hält, um Bodenspekulationen zu verhindern."
Möglich, dass Wien heute ein Stadion samt Einkaufszentrum in Rothneusiedl hätte, wenn Frank Stronach den gemeinsamen Plan mit der Stadt nicht ausgeplaudert hätte. Die Grundstückspreise explodierten, die Stadt nahm von einem Ankauf vorerst Abstand, und in Rothneusiedl werden nach wie vor die Felder bestellt.