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Heute wird Konvents-Vorsitzender Franz Fiedler seinen mit Spannung erwarteten Textentwurf für eine neue Verfassung präsentieren. Die Hoffnungen auf einen Durchbruch in den strittigen Fragen - allen voran die Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Ländern - halten sich jedoch in engen Grenzen.
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"Ich erwarte mir vom Textentwurf Franz Fiedlers die persönliche Meinung des Konvents-Vorsitzenden - und daher rechne ich nicht mit einem konsensfähigen Entwurf." Der Föderalismusexperte, Vorarlberger Landtagsdirektor und Vorsitzende des Ausschusses V im Konvent (Aufgabenverteilung zwischen Bund, Ländern und Gemeinden), Peter Bußjäger, lässt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" keinen Zweifel daran, dass er sich für seinen Bereich keinerlei Bewegung in der festgefahrenen Situation erwartet.
Eine Entwirrung der verwirrenden Kompetenzaufteilung zwischen den Gebietskörperschaften zählte von Beginn an zu den drängendsten Aufgaben des Österreich-Konvents. Im zuständigen Ausschuss kristallisierte sich rasch heraus, dass eine stark zentralistische Linie genauso wenig konsensfähig ist wie eine föderalistische. Und daran habe sich auch nichts geändert: "Für mich ist nicht erkennbar, dass sich diesbezüglich politisch etwas bewegt hätte", begründet Bußjäger seine pessimistische Erwartungshaltung.
Fiedlers Entwurf werde im Hinblick auf die umstrittene Kompetenzfrage eine Linie verfolgen, die eine möglichst rigorose Aufgabentrennung zwischen Bund und Ländern vorsehe. Bußjäger verweist in diesem Zusammenhang auf den bekannten Umstand, dass Fiedler jede Blockademöglichkeit der Bundesländer ablehnt. Dies sei zwar aus Sicht des ehemaligen Rechnungshof-Präsidenten eine durchaus vertretbare Position, allerdings stelle sich dann die Frage, was aus dem Bundesrat, der parlamentarischen Vertretung der Länder auf Bundesebene, werden solle. Logischerweise werde auch die Bereitschaft der Länder, auf Kompetenzen zu verzichten, umso geringer ausfallen, je weniger Mitspracherechte diesen auf die Gesetzgebung auf Bundesebene eingeräumt werden, argumentiert Bußjäger.
Der Föderalismusexperte hätte eine andere Vorgehensweise als die nunmehr von Fiedler gewählte vorgezogen: "Statt bereits jetzt konkrete Formulierungen zu präsentieren, hätte man sinnvollerweise zuerst die inhaltliche Meinungsbildung abschließen sollen." Mit seiner Strategie versuche der Vorsitzende nun, den Konvent "auf Linie" zu bringen, dies könne jedoch nur gelingen, "wenn man im Besitz der Zauberformel" sei. Und die Suche nach dieser ist offensichtlich noch längst nicht abgeschlossen.