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Eine Basis für die Aufnahme von Beitrittsgesprächen mit Kroatien sieht die EU noch nicht. Das Land arbeite weiter nicht vollständig mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag zusammen, findet die Kommission. Und auch andere Erweiterungen scheinen nicht mehr so fix wie vor kurzem: Wegen der Verfassungskrise sind Verzögerungen nicht ausgeschlossen.
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Offiziell hat das eine mit dem anderen nichts zu tun. Die Ablehnung der EU-Verfassung in Frankreich und den Niederlanden dürfe die Pläne zur Erweiterung der Union nicht beeinträchtigen, betont Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso. Die EU-Kandidaten Bulgarien, Rumänien und die Türkei pochen ebenfalls auf bestehende Zusagen.
Doch die Verfassungskrise der EU hat Folgen auch für die beitrittswilligen Länder. Angesichts des "Klimas in Europa" müssten Bulgarien und Rumänien die Mahnungen aus Brüssel ernst nehmen, hatte Erweiterungskommissar Olli Rehn vor wenigen Tagen gefordert. In "Warnbriefen" verlangt die Kommission von Sofia und Bukarest stärkere Korruptionsbekämpfung und die Umsetzung der Justizreform. Sollte dies nicht gewährleistet sein, kann sich der für 2007 geplante Beitritt der Staaten um ein Jahr verzögern. Im EU-Parlament ist die Debatte darüber bereits neu entbrannt.
Nicht vor 2008 wird wohl auch Kroatien EU-Mitglied. Der Beginn von Beitrittsverhandlungen müsse weiter verschoben werden, teilte Rehn gestern, Mittwoch, mit. Kroatien brauche noch mehr Zeit, bis die demokratischen Strukturen sich durchsetzten, erläuterte der Kommissar.
Die Gespräche mit Zagreb sind im März verschoben worden, weil das UNO-Tribunal in Den Haag Kroatien keine vollständige Zusammenarbeit mit dem Gericht bescheinigt hatte. Und noch immer ist der angeklagte ehemalige General Ante Gotovina nicht ausgeliefert worden. Einmal mehr plädierte Rehn an die Kandidaten, "die allergrößten Anstrengungen zu unternehmen, um alle Kriterien einzuhalten und die Bedingungen für ihren Beitritt zu erfüllen".
Ernüchtert durch die strengen Anforderungen der Union - und die wachsende Türkei-Skepsis in Europa - zeigt sich unterdessen Ankara. Zwar rechnet Außenminister Abdullah Gül nach außen hin "nicht mit Problemen" und einer Aufnahme seines Landes in die EU. Doch es ist nicht auszuschließen, dass sich die Türkei selbst von der Union ab- und wieder verstärkt den USA zuwendet. Ein lange geplanter Besuch von Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan bei US-Präsident George W. Bush könnte bei einer Annäherung hilfreich sein. Daran müssen die Unterstützungserklärungen Deutschlands nichts ändern. Außenminister Joschka Fischer hatte zuletzt wieder darauf gepocht, den Fahrplan für die EU-Verhandlungen mit der Türkei einzuhalten.