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Zaun oder nicht Zaun

Von Werner Reisinger und Jan Michael Marchart

Politik

Verteidigungsminister Klug will keinen "Grenzzaun" und präsentiert "Gegenkonzept".


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Wien. Welche Maßnahmen müssen getroffen werden, damit der Ansturm tausender Flüchtlinge an der slowenisch-steirischen Grenze künftig ohne Zwischenfälle abgewickelt werden kann? Über diese Frage zeichnet sich zwischen Innen- und Verteidigungsministerium ein handfester politischer Konflikt ab. Verteidigungsminister Gerald Klug (SPÖ) präsentierte am Donnerstag bei einem Pressegespräch zusammen mit Generalstabschef Othmar Commenda und Karl Schmidseder, Chef der Sektion Einsatz, sein Konzept für den Grenzübergang Spielfeld.

Klug kritiserte Innenministerin Johanna Mikl-Leitners "Konzept eines Grenzzauns" als "Symbolpolitik ohne reales Substrat". "Ein Zaun wird nicht das bringen, was sich viele davon erwarten", so Klug. Kein einziger Flüchtling weniger würde dadurch nach Österreich kommen, jeder Zaun sei umgehbar. Das Geld und die Zeit für einen solchen Zaun könne man sich sparen. Das Absperren von Straßen und Wegen in der Umgebung würde zu einem Verkehrchaos führen, es gelte im Gegenteil die Bevölkerung vor Ort zu entlasten. "Unter den Bewohnern von Spielfeld herrscht großer Unmut und Verunsicherung. Es braucht dringend eine Verbesserung", so der Verteidigungsminister.

Die Situation vor Ort sei sowohl für die Flüchtlinge als auch für die Einsatzkräfte gefährlich, wie Ausbrüche und teils chaotische Szenen in den vergangenen Wochen gezeigt hätten. Auf Expertenebene herrsche über die Notwendigkeit einer Verbesserung der Situation in Sinne des Konzepts des Verteidigungsministeriums Einvernehmen, betonte Klug. Die Zusammenarbeit mit dem Innenministerium und speziell der Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit, die für die Planung der zu erwarteten baulichen Maßnahmen in Spielfeld zuständig ist, sei gut. Auf politischer Ebene aber sei man keineswegs einer Meinung. Er befürchte, ein Grenzzaun sei eine "fixe politische Idee bei manchen Akteuren", so Klug. Mikl-Leitner sagte am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Anne Will", ein Zaun sei nichts Schlechtes. Man wolle es jedoch nicht den Ungarn gleichtun, es gehe um Sicherheit.

Verbesserte "Wartezone" in Spielfeld

Konkret sieht Klugs Konzept für Spielfeld eine "aufgewertete Wartezone" am Grenzübergang vor. Das Areal soll demnach vergrößert und entsprechend gesichert werden, innerhalb der Wartezone sollen sich die Flüchtlinge ausruhen können, verpflegt werden und auf ihren Weitertransport warten können. Ähnlich wie bei einem Fußballstadion soll es mehrere "Gates", also Ausgänge, geben. Die Flüchtlinge sollen dann genau informiert werden, wann und über welchen Ausgang sie zu ihren Bussen kommen und wohin sie genau gebracht werden. Wichtig sei natürlich die Koordination mit der slowenischen Seite. Generalstabschef Commenda sprach von "portionierten Menschenmengen", die jeweils Zutritt in die Wartezone erhalten würden. Die derart "planbare Weiterreise" würde das Stresslevel der Flüchlinge erheblich senken.

Auf allen Seiten soll die Wartezone von Einsatzkräften überwacht werden. In der Umgebung soll es Eingriffskräfte geben, man könne sich gemeinsame Patrouillen von Soldaten und Polizisten vorstellen, die im Falle eines Ausbruchs die Gruppen wieder zurück in die Wartezone bringen würden. Ebenso sollen die Patrouillen in der Umgebung von Spielfeld Gruppen von Flüchtlingen, die über die grüne Grenze gekommen sind, aufgreifen.

Es würde sich unter den Schutzsuchenden rasch herumsprechen, dass die Abfertigung in Spielfeld koordinierter ablaufen würde, zeigte sich der Verteidigungsminister überzeugt. Dies würde dazu führen, dass es keine Übertritte an der grünen Grenze geben würde. "So braucht man ganz sicher keinen Zaun, der dann extra kontrolliert werden muss", sagte Klug. Betont wurde abermals die Wichtigkeit des Assistenzeinsatzes für das Innenministerium: Rund 900 Soldaten seien aktuell in Spielfeld im Einsatz, "zur Unterstützung von 200 Polizeikräften". Bei der Umsetzung der "Wartezone" könnten zudem Pionier-Einheiten helfen. In Betracht zu ziehen sei außerdem die Öffnung von weiteren Grenzübergängen in der Steiermark, in Absprache mit den slowenischen Behörden.

Gegenkonzept für noch nicht existierendes Konzept

"Einvernehmen auf Expertenebene" gebe es, er sei aber "nicht bereit, den Vorschlag eines Grenzzaunes unwidersprochen im Raum stehen zu lassen, wenn es auch Alternativen gibt", sagte Klug. Ein gemeinsames politisches Vorgehen der Partner Innen- und Verteidigungsministerium in der Frage "Grenzzaun oder nicht" scheint damit vom Tisch.

Klug habe ein "Gegenkonzept zu einem Konzept, das noch nicht einmal vorliegt", präsentiert, hieß es am Donnerstag Abend aus dem Innenministerium zur "Wiener Zeitung". Innenministerin Mikl-Leitner will am Freitag ihre Pläne für die Veränderungen an der Grenze in Spielfeld vorlegen.