Brüsseler Berichte zu Erweiterung dämpfen Hoffnungen der Aspiranten.
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Brüssel. Ein Mitglied mehr - aber das war es dann auch schon. Die Europäische Union wird in absehbarer Zeit kaum größer werden, auch wenn das Interesse daran weiterhin besteht. Dieses ist allerdings recht einseitig: Während die Beitrittskandidaten ihren Annäherungsprozess an die Gemeinschaft beschleunigt sehen wollen, sind Teile der Union gegen eine schnelle Erweiterungsrunde. Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kroatien, Mazedonien, Island, Kosovo, Montenegro, Serbien und die Türkei: Sie alle möchten eine Aufnahme in die EU. Mit Island, Montenegro und der Türkei laufen immerhin bereits Verhandlungen. Doch nur ein Land kann tatsächlich auf eine baldige Mitgliedschaft hoffen.
Kroatien soll im Sommer des kommenden Jahres der EU beitreten. Dafür aber müssten zunächst alle EU-Mitglieder den Vertrag mit dem Land ratifizieren. Und auch Zagreb hat noch einige Aufgaben zu erfüllen. Die fasste Erweiterungskommissar Stefan Füle bei der Präsentation der aktuellen Länderberichte in zehn Punkte zusammen. So müsse Kroatien in den Bereichen Wettbewerbspolitik sowie Justiz, Inneres und Grundrechte Fortschritte vorweisen. Gemeint sind damit beispielsweise Restrukturierungen in den noch immer staatlich subventionierten Schiffswerften, Maßnahmen für effizientere Gerichtsverfahren, für besseren Grenzschutz oder eine Migrationsstrategie.
All dies müsse noch vor dem EU-Beitritt Kroatiens geschehen. Denn eine Überwachung danach komme "nicht in Frage", stellte Füle klar. Noch aber habe sich das Land einer verschärften Kontrolle zu stellen. Damit wollte die EU Fehler aus vorigen Erweiterungsrunden vermeiden, als etwa der Reformprozess in Rumänien und Bulgarien so gut wie zum Erliegen kam, nachdem den Staaten ein Datum für ihre Aufnahme genannt worden war.
Acht in der Warteschleife
Die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit ist denn auch jenes Prinzip, auf das die EU-Kommission größtes Augenmerk gerichtet haben möchte. Justizreformen und mehr Anstrengungen im Kampf gegen Korruption sowie organisierte Kriminalität legt sie daher allen Beitrittskandidaten nahe. Auf einem guten Weg, einer von diesen zu werden, ist ihrer Meinung nach Albanien.
So erwägt die Brüsseler Behörde, den Kandidatenstatus für das Land zu empfehlen. Allerdings muss Tirana dafür noch ein paar Bedingungen erfüllen. Einige betreffen die öffentliche Verwaltung sowie parlamentarische Regelungen. Der Verlauf der Parlamentswahl im kommenden Jahr wird daher von Bedeutung für die Annäherung Albaniens an die EU sein.
In der Warteschleife befindet sich ebenfalls Mazedonien. Griechenland zögert nämlich die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen heraus, da es sich am Namen des Balkanstaates stößt, der gleichlautend mit dem einer griechischen Region ist.
Nachbarschaftliche Probleme machen auch Serbien und dem von Belgrad nicht als Staat anerkannten Kosovo zu schaffen. Die Zwistigkeiten müssten so weit wie möglich gelöst werden, fordert die Kommission. Was den serbischen Premier Ivica Dacic prompt "beunruhigt" hat. Sollte Brüssel eine Anerkennung der ehemaligen serbischen Provinz verlangen, würde das den Dialog mit Pristina keineswegs fördern, befand er. Serbien hat heuer den Status eines Beitrittskandidaten erhalten, doch wann Belgrad ein Datum für den Gesprächsstart bekommt, ist offen.
Der Kosovo wiederum kann sich immerhin Hoffnungen auf den Beginn von Verhandlungen über ein Annäherungsabkommen mit der Union machen - wenn auch vage. Denn auch Pristina müsse noch eine Reihe von Voraussetzungen erfüllen.
Für die Türkei wiederum wünscht sich Füle eine "neue Dynamik" in den Gesprächen. Die sind nämlich völlig zum Stillstand gekommen.