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Zehn Rechtstipps zum glücklichen Wohnen

Von Matthias G. Bernold

Wirtschaft

Leere Versprechungen, überraschende Provisionen, versteckte Kniffe im Kleingedruckten: Beim Abschluss eines Kauf- oder Mietvertrags lauern zahlreiche Fallen. Die "Wiener Zeitung" hat zwei Wohnrechtsexperten zu Rate gezogen, um für ihre Leser die Fallstricke zu kappen.


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1. Vorsicht bei Mietanboten: Die richtige Wohnung zu finden, ist keine leichte Aufgabe. Passt der Preis, stimmt oft die Lage nicht. Passt die Raumaufteilung, blickt der Balkon gen Norden. Ist nach langen Besichtigungen dann doch einmal ein ideales Zuhause dabei, haben findige Makler nicht selten schnell ein sogenanntes Miet-anbot zur Hand.

In einem solchen steht nichts drinnen, außer dass der Mieter sich verpflichtet, die Wohnung zu bestimmten Bedingungen zu übernehmen und dafür Maklerprovision zu zahlen. "Der Konsument unterschreibt oft leichtfertig, weil er denkt, so die Wohnung reservieren zu können", berichtet der Wiener Rechtsanwalt Michael Mathes. Dabei bedeute das Mietanbot lediglich eine einseitige Verpflichtung des Konsumenten.

"Zwar kann der Konsument, der eine Wohnung besichtigt und dort sofort einen Vertrag unterschreibt, analog zu Haustürgeschäften eine Woche lang vom Vertrag zurück treten", wird aber beim zweiten Besuch in der Wohnung unterschrieben, steht das Rücktrittsrecht nicht mehr zu.

2. (Fehlende) Vertragsinhalte: Generell sei es unglaublich, wie oft und wie leichtfertig Leute etwas unterschrieben, berichtet Mathes aus Erfahrung: "Oft sind weder Kaufpreis noch Maklerprovision vermerkt." Umgekehrt verstecken sich im Kleingedruckten diverser Verträge auch unliebsame Überraschungen, die sich sehr oft erst sehr viel später auswirken. "Etwa dann, wenn die Wohnung zurückzugeben ist", warnt Wolfgang Kirnbauer, Jurist beim Mieterschutzverband. Regelmäßig enthielten die Verträge Bestimmungen, wonach Mieter die Wohnung, wenn sie ausziehen wollen, von einem konzessionierten Handwerksbetrieb ausmalen oder das Parkett versiegeln lassen müssen - unabhängig vom Zustand des Bodens oder der Wände.

3. Mündliche Abreden: Laut Allgemeinem Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) kommt ein Vertrag durch übereinstimmende Willenserklärungen (mindestens) zweier Personen zustande. Auch mündliche Versprechungen des Maklers werden daher Teil des Vertrags. Allerdings werfen solche Versprechungen regelmäßig ein Beweisproblem auf. Die Experten empfehlen daher, darauf zu achten, dass jede Zusage schriftlich festgehalten wird. Umgekehrt sollte nichts unterschrieben werden, was man nicht versteht.

4. Anzahlung und Angeld: Mitunter findet sich in Kaufverträgen ein "Angeld". Klingt ähnlich wie Anzahlung und wird von juristischen Laien auch als solches verstanden. "In Wahrheit besteht aber zwischen Angeld und Anzahlung ein großer Unterschied", erläutert Mathes. Während die Anzahlung auf den Kaufpreis angerechnet und bei Vertrags-Rücktritt zurück bezahlt wird, "verfällt das Angeld". Der Käufer hat das Nachsehen.

5. Parifiziertes Wohnungseigentum: Beim Kauf einer Eigentumswohnung sollte darauf geachtet werden, dass parifiziertes Wohnungseigentum besteht bzw. noch vor Zahlung des Kaufpreises begründet wird. Ohne parifiziertes Wohnungseigentum, d.h. als "schlichter Miteigentümer", sei nämlich - warnt Mathes - nicht nur der Wert der Wohnung um rund 20 Prozent geschmälert: "Es besteht auch weniger Rechtsschutz." Das parifizierte Wohnungseigentum werde im Grundbuch vermerkt, damit ein dingliches Recht begründet. Auch hat der Wohnungseigentümer stärkere Minderheitenrechte in der Miteigentümerversammlung.

6. Schummeln mit Quadratmetern: Der Preis einer Wohnung wird aufgrund einer bestimmten Quadratmeter-Anzahl festgesetzt. Häufig schweigt sich der Vertrag jedoch über Beschaffenheit oder Größe der Wohnung aus. "Die Quadratmeteranzahl fehlt oft", attestiert Anwalt Mathes. Und das mit Grund: "Es kommt immer wieder vor, dass für eine 92m²-Wohnung ein 100m²-Preis verrechnet wird." Wenn die Fläche aber nicht im Vertrag steht, kann sich der Wohnungskäufer später aber auch nicht darauf berufen. Expertentipp: Wohnung nachmessen, Quadratmeter-Anzahl in den Vertrag reklamieren.

7. Reparaturrücklage: Was in vielen Kaufverträgen unerwähnt bleibt: Wer übernimmt die Reparaturrücklage? Für den Verkäufer einer Eigentumswohnung ist es nämlich zulässig, sich die einbezahlten Beiträge vom Verwalter rückerstatten zu lassen. Ist dies geschehen, muss der Käufer die entnommene Rücklage nachlegen: "Da können mehrere Tausend Euro zusammenkommen", warnt Mathes. Es sollte daher - so der Anwalt weiter - unbedingt im Vertrag festgehalten sein, wer die Reparaturrücklage übernimmt.

8. Kostenwahrheit: Vor Annahme eines Angebotes sollte man sich alle anfallenden Kosten auflisten lassen. Typischer Weise sind das Maklergebühr, Grundbuchsteuer, Gebühr für die Eintragung ins Grundbuch, eventuell Vertragserrichtungskosten.

9. Betriebskosten: Bei einer Mietwohnung ist Vorsicht bei den Angaben zu den Betriebskosten angebracht: Es sei eine beliebte Praxis, die Betriebskosten einer Wohnung zu gering anzusetzen, weiß Jurist Kirnbauer: "Die Leute freuen sich oft, dass die Betriebskosten ihrer künftigen Wohnung so niedrig sind, und vergessen, dass die Netto-Betriebskosten anfangs nur geschätzt werden." Häufig werde bei der ersten Abrechnung dann eine saftige Nachzahlung verlangt. "Es gibt Hausverwalter, die künftigen Mietern einfach niedrigere Betriebskosten vorgaukeln, um sie in die Verträge hineinzulocken", stellt Kirnbauer fest. Generell könne man sagen, dass "alles unter 1,5 bis 1,8 Euro/m² kein Vorteil ist, sondern ein Nachteil".

10. Expertenrat: Weil "kein Normalsterblicher einen Mietvertrag versteht" und sich die schönste Immobilie als juristisches Danaergeschenk entpuppen kann, sind sich beide Experten zumindest in einem Punkt einig. Um Wohnträume risikofrei zu realisieren, brauche es Beratung. Mathes: "Vor Vertragsabschluss nach Hause gehen, mit dem Partner besprechen, in Ruhe überlegen, fachkundigen Rat einholen und den Vertrag prüfen lassen."

Literatur: Werner Olscher: Der österreichische Hausjurist; Andreas Verlag 2004; 671 S.; ISBN 3-85012-281-6

Herbert Rainer: Wohnungseigentum; Manz 2003; 188 S.; ISBN 3-214-07062-2; 18,80 Euro

Würth, Zingher, Kovanyi: Miet- und Wohnrecht; Manz 2004; 1.300 S.; ISBN 3-214-13225-3; 148 Euro