Ein bundespolitisches Signal oder nicht - in der Einschätzung der Auswirkung der Wiener Gemeinderatswahl gehen die Meinungen der Parteien auseinander. SPÖ und Grüne beantworten die Frage mit Ja, ÖVP und FPÖ hingegen sehen erwartungsgemäß keine Anzeichen für eine eventuelle Weichenstellung für die Bundespolitik.
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Einer war zu keiner Stellungnahme bereit: Landeshauptmann Jörg Haider war auch am Tag nach der Wahl nicht erreichbar. Nach Auskunft seines Pressesprechers werde Haider, der sich im Wahlkampf nicht unwesentlich einsetzte, heute, Dienstag, Stellung nehmen.
Auskunftsfreudiger gaben sich die Oppositionspolitiker auf Bundesebene. Diese werde vom Wiener Wahlergebnis nicht unberührt bleiben, meinte etwa SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer. Die WählerInnen hätten die Möglichkeit, bis zur nächsten Nationalratswahl 2003 "ein klares Gegenmodell" zur Politik der Bundesregierung zu beobachten. Was er darunter verstehe, legte Gusenbauer auch gleich dar: Hier das "Drüberfahren" der Bundesregierung, dort eine absolute, aber konsensorientierte SP-Rathausmehrheit.
Was die Zukunft anbelangt, so sieht ihr auch der grüne Bundessprecher Alexander Van der Bellen "mit großer Zuversicht" entgegen. Die Grünen hätten den größten Landtagswahlerfolg ihrer Geschichte eingefahren, gleichzeitig habe "ein Fünftel der österreichischen Bevölkerung Schwarz-Blau eine Ohrfeige erteilt".
Ganz so möchte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel das Wahlergebnis nicht deuten. Seine Enttäuschung könne er allerdings kaum von der Hand weisen. "Wir haben uns mehr zugetraut und auch mehr erwartet. Da soll man nicht herumreden", stellte er fest. "Nie den Kopf hängen lassen" blieb dann aber als Trost.
Unbeirrt gab sich gestern auch ÖVP-Klubobmann Andreas Khol. Es sei eine Wiener Wahl gewesen und um Probleme der Bundeshauptstadt gegangen. Daher: "Wir werden uns in unserem Kurs 'Neu Regieren für Österreich' nicht behindern lassen", ließ er wissen.
Unterdessen ist in den Reihen der FPÖ Kritik laut geworden. Der niederösterreichische Landesrat Ewald Stadler sieht in dem Ergebnis der Wiener und der vorangegangenen Landtagswahlen ein "deutliches Warnsignal". Für die Landespartei gelte jedenfalls: Sie fühle sich ihren Wählern verpflichtet und nicht einem Koalitionsabkommen.
Auf Mängel im FP-Generalsekretariat führt der Kärntner FP-Klubobmann Martin Strutz die Wahlniederlage zurück. Das Gremium mit drei Personen zu besetzen, sei ein Zeichen der Schwäche, meinte er. Von der Kritik ausnehmen wollte er allerdings Parteivorsitzende Susanne Riess-Passer.
Gestärkt sieht wiederum der steirische SP-Landesvorsitzende Peter Schachner die Bundes-SPÖ. Landeshauptfrau Waltraud Klasnic hat eine andere Sicht: Sie erwartet keine Auswirkungen auf die Bundespolitik.