Die Brics-Länder wollen nächste Woche den Rahmenvertrag über eine eigene Entwicklungsbank unterzeichnen.
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Moskau/Rio de Janeiro. Seit mehreren Monaten wird bereits intensiv darüber diskutiert, nun wollen die aufstrebenden Wirtschaftsmächte Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika (Brics) Nägel mit Köpfen machen: Bei ihrem Gipfeltreffen, das nächste Woche im brasilianischen Fortaleza stattfindet, soll der Rahmenvertrag zur Gründung einer eigenen Entwicklungsbank unterzeichnet werden, erklärte der russische Finanzminister Anton Siluanow am Mittwoch in Moskau.
Laut Siluanow sind sich die fünf Schwellenländer einig, dass es durch die "gegenwärtig unbeständige Lage" auf den Kapitalmärkten "wichtig sei, diese Art von Auffangnetz, einen Mini-Internationalen Währungsfonds (IWF)" zur Verfügung zu haben. Nach Angaben des russischen Finanzministers geht man von einem Startkapital von 50 Milliarden US-Dollar aus. Davon sollen zehn Milliarden von den Brics-Staaten kommen, die über die nächsten sieben Jahre jeweils zwei Milliarden einzahlen sollen. Die restlichen 40 Milliarden sollen Garantien sein, durch die sich das Institut Geld an den Finanzmärkten besorgen kann. Die "Neue Entwicklungsbank", wie die Institution voraussichtlich heißen wird, soll auch anderen Mitgliedern der Vereinten Nationen offenstehen und vor allem für die Finanzierung von Projekten aufkommen, für die bestehende internationale Finanzinstitute nicht genügend Geld bereitstellen oder im Gegenzug politische Zugeständnisse verlangen. Dies könnte besonders für Russland in seiner gegenwärtigen Situation interessant sein.
Bereits seit dem vergangenen Jahr gibt es unter den Brics-Staaten Anläufe, eine gemeinsame Entwicklungsbank aufzubauen. Allerdings gab es immer wieder unterschiedliche Auffassungen zur genauen Ausgestaltung. Diese konnten laut Siluanow inzwischen ausgeräumt werden.
Professor Herbert Walther, Experte für internationale Wirtschaft an der Wirtschaftsuniversität Wien, sagt die Gründung einer eigenen Entwicklungsbank und eines Währungsfonds sei primär als "symbolischer Schritt" zu werten. Eine Entwicklungsbank mit einem Kapital von 50 Milliarden Dollar sei keine ernstzunehmende Konkurrenz zu bestehenden Institutionen. "Mit so einer Summe kann man nicht einmal bei einer mittleren Krise in einem kleinen Land etwas ausrichten", sagt Walther. Bei dem Vorstoß der Brics-Staaten ginge es vordergründig um die Distanzierung von einer Institution, die primär von Europa und den USA kontrolliert würde.
Langer Kampf um mehr Mitspracherecht
"Europa ist im IWF sowieso zu stark vertreten, was sich klarerweise aus historischen Entwicklungen ergibt", sagt Walther. Dem Ökonomen zufolge ergebe sich daraus für den IWF ein Handlungsbedarf. Vor allem China müsste man mehr Stimmrecht einräumen. Bereits 2012 forderten Vertreter der Schwellenländer angesichts ihres wachsenden finanziellen Einflusses mehr Mitspracherecht im IWF. Die brasilianische Staatschefin Dilma Roussef versprach etwa, Brasiliens Reserven beim IWF aufzustocken. Im Gegenzug verlangte sie mehr Einfluss für ihr Land. Diesbezügliche Reformen scheiterten jedoch damals am Widerstand anderer Mitglieder und stecken seither in einer Sackgasse.
Die "Neue Entwicklungsbank" könnte bereits im Jahr 2016 erste Kredite vergeben. Nur über den Sitz der Brics-Entwicklungsbank gibt es bisher noch keine Einigung. Moskau strebe nicht an, Hauptsitz der neuen Bank zu werden, jedoch werde man sich um hohe Managementpositionen bemühen, sagte Siluanow. Eine Entscheidung zwischen Schanghai und der indischen Hauptstadt Neu-Delhi soll kommende Woche auf dem Brics-Gipfel getroffen werden.