Bei Metaller-Lohnverhandlungen sehen sich beide Seiten unter Druck.
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Wien. Das vorläufige Ergebnis der Lohnverhandlungen in der Metallbranche ist Eskalation. Die Gewerkschaft (ProGe, GPA) brach die KV-Verhandlungen vorerst ab und lädt nun zu Betriebsversammlungen. Weiterverhandelt wird erst wieder in zwei Wochen - offiziell -, informelle Gespräche bis dahin sind aber zu erwarten.
Die Gewerkschaft zeigt sich vor allem darüber echauffiert, dass die Arbeitgeber als Basis für die Lohnanpassung den europäischen Verbraucherpreisindex heranziehen wollen, nicht die höhere österreichische Inflation. Für Rainer Wimmer (ProGe) ist das geradezu ein Affront. "Die Zeichen stehen auf Streik", sagte er nach den abgebrochenen Verhandlungen, die niedrigere europäische Inflation "geht nicht".
Auch Wissenschafter vom Wifo und dem IHS sehen die Forderung des Fachverbandes der Maschinen- und Metallwarenindustrie skeptisch. Thomas Leoni vom Wifo verweist auch darauf, dass in der Vergangenheit bei umgekehrten Vorzeichen, wenn die heimische Inflation niedriger war, nie die europäische Teuerungsrate herangezogen wurde.
In der Forderung der Arbeitgeber steckt in gewisser Weise eine grundsätzliche Schwierigkeit der Branche. Sie exportiert ihre Waren zu 80 Prozent, und das vor allem in jene Länder (Deutschland, Frankreich, Polen, Tschechien und Italien), deren Inflation sehr niedrig ist. Unter anderem deshalb, erklärt Verhandlungsführer Veit Schmid-Schmidsfelden habe man die europäische Rate als Basis genannt.
Kritik an Belastungen
Die Arbeitnehmer kaufen ihre Waren hingegen eher nicht im Ausland, sie zahlen auch ihre Mieten in Österreich und sind daher von der heimischen Inflation betroffen. Sinken die Reallöhne, sinkt auch die Kaufkraft, allerdings wirkt das auf die exportlastige Branche nicht so direkt.
Ein zweites Dilemma bei den Verhandlungen sind die Rahmenbedingungen, von denen beide Seiten ausgehen. Auf der einen Seite die Gewerkschaft, die durch die fortschreitende kalte Progression einen Reallohnverlust beklagt, auf der anderen die Arbeitgeber, die mit zunehmender Heftigkeit Belastungen für Unternehmen kritisiert.
Die Regierung arbeitet derzeit an beiden Themen, versucht einerseits bürokratische Erleichterungen zu erreichen und sich der EU-Agenda der Reindustrialisierung Europas zu widmen, anderseits die Steuerbelastung durch eine Reform zu reduzieren, wie es ja auch von der Gewerkschaft seit Monaten gefordert wird. Ihre Entscheidungskraft ist aber ebenso begrenzt wie jene der Industriellenvereinigung und der Wirtschaftskammer.
"Wir hatten regelmäßig Lohnanpassungen deutlich über der Inflation, in diesem Jahr wird das nicht möglich sein", sagt Schmid-Schmidsfelsen.