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Zeichnen für Führungskräfte

Von Sophia Freynschlag

Wirtschaft
Live-Illustrator Michael Schrenk erstellt ein grafisches Protokoll am Caritas-Kongress in Wien.
© © Thomas Seifert

Visuelle Unterstützung erfordert kein künstlerisches Talent, aber Mut.


Wien. Das Flipchart erinnert an einen Comic: mit Figuren und Sprechblasen und bunten Pfeilen, die die wichtigsten Begriffe miteinander verbinden. Unüblich für Meetings? Ja, aber eine Visualisierung stellt komplexe Zusammenhänge einfach dar und trägt dazu bei, dass "Probleme und deren Lösungen deutlicher werden und sich besser im Gedächtnis verankern", sagt Michael Schrenk, Live-Illustrator aus Berlin.

"Die visuelle Unterstützung erleichtert das gemeinsame Verständnis und macht Dialog sichtbar", sagt Martin Haussmann, der den Trainingsbereich der Kommunikationslotsen leitet. In den Trainings der deutschen Unternehmensberatung lernen Projektmanager, Coaches und Führungskräfte, wie sie mit einfachen Symbolen, Linien und Farben aussagekräftige Schaubilder kreieren, um zum Beispiel die neue Firmenstrategie darzustellen.

Visualisierung ist wie eine Fremdsprache erlernbar

Eingesetzt werden kann Visual Facilitating (visuelle Begleitung) beim Vorbereiten von Plakaten für Vorträge, aber auch bei Diskussionsrunden, Workshops und Kongressen, wo Information und Dialog in Echtzeit sichtbar gemacht werden (Graphic Recording). Ebenso eignet sich Live-Visualisierung als zusätzliche Dokumentation bei Frontalvorträgen, was laut Schrenk immer häufiger von Veranstaltern nachgefragt wird. Der Nachteil: Die Visualisierung kann sich mit dem Inhalt der Power-Point-Folien überschneiden oder davon ablenken.

"Künstlerisches Talent ist nicht erforderlich, weil die Visualisierung mehr mit einer Sprache als mit einer Kunst zu tun hat", sagt Haussmann. Wie bei einer Fremdsprache werden die Silben - also Symbole - zu Vokabeln zusammengesetzt. "Das Ziel ist, Inhalte verständlich zu machen und nicht, künstlerisch zu zeichnen."

Zuhause üben hilft, die Hemmschwelle abzubauen

"Das Zeichnen ist Übungssache, erfordert aber Mut zum Ausprobieren. In einer größeren Gruppe ist die Hemmschwelle oft hoch, vor anderen zu zeichnen", sagt Schrenk, für den das Live-Zeichnen vom Nebenjob während des Fotografie-Studiums zu einer Tätigkeit wurde, die er seit drei Jahren professionell ausübt. Er empfiehlt Anfängern, zuhause zu üben, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wann welches Symbol am besten passt.

Vor einem Auftritt als Live-Illustrator informiert sich Schrenk über das Thema, "das meiste entsteht aber spontan". Beim Zuhören sammelt er permanent gedanklich Notizen und filtert die wichtigsten Schlagworte heraus. Mit seinem Kollegen Christoph Kellner zeichnete Schrenk auf dem Caritas-Kongress in Wien ein grafisches Protokoll, auch auf Firmenveranstaltungen von Magna Steyr und VW war er bereits tätig.

Das Bild wird abfotografiert, bearbeitet und den Firmen zur Verfügung gestellt. Denn während ein Textprotokoll meist in der Schublade landet, macht ein grafisches Protokoll laut Schrenk "Lust, sich noch einmal mit dem Thema zu befassen - und ist auch für jene, die nicht auf dem Event waren, interessanter".

Tipps zum Visualisieren

Man muss kein Zeichentalent haben, um die Bildsprache lernen zu können. Zum Repertoire an Grundelementen gehören Rahmen, Striche, Pfeile, Sprechblasen und einfache Figuren. Hilfreich sind Wörterbücher der Bildsprache, aus denen Symbole abgezeichnet und miteinander kombiniert werden können.

Farben bringen Struktur in das Schaubild. Für Striche wird ein schwarzer Stift verwendet, zum Colorieren ein heller farbiger Stift. Zu viele Farben verwirren aber, deshalb sollten sie gut gewählt werden - beispielsweise alle Fragen in Rot, alle Zitate in Grün. Geübt werden sollte auf Plakaten, denn auf dieser Größe zu zeichnen ist oft schwieriger als auf einem A4-Zettel.

Kommunikationslotsen-Trainings werden auch in Österreich angeboten. Bikablo-Wörterbücher der Bildsprache sind online über www.neuland.com erhältlich.