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Zeit beim Kind mit Limits

Von Katharina Schmidt

Politik
Noch zwei Monate nach der Geburt genießen Frauen in Österreich Mutterschutz.
© © © LJM Photo/Design Pics/Corbis

In ganz Europa gilt ein Minimum von 14 Wochen Mutterschutz.


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Wien. Am Sonntag ist es wieder so weit: Dann werden im ganzen Land die Sträuße verteilt, die selbstgemalten Bilder - meist mit Hilfe eines mehr oder weniger gestressten Vaters - schön verpackt und die Gedichte memoriert. Die "Wiener Zeitung" nimmt den Muttertag zum Anlass für einen Blick auf die Mutterschutz-Regeln in Europa. Dieser ist etwa in der Schweiz besonders lückenhaft. Dort gibt es keine Regelung für die Phase vor der Geburt. Lediglich nach der Geburt stehen der Frau immerhin 16 Wochen Mutterschaftsurlaub zu, in denen sie auch Kündigungsschutz genießt. Seit 2005 erhalten Schweizerinnen 14 Wochen lang eine 80-prozentige Lohnfortzahlung.

In allen Ländern Europas ist ein Minimum von 14 Wochen Mutterschutz garantiert. Dafür sorgt nicht nur ein Abkommen der Internationalen Arbeitsorganisation aus dem Jahr 2000, das von 22 Ländern, darunter auch Österreich und Nicht-EU-Staaten wie Bosnien oder Aserbaidschan, ratifiziert wurde. Auch gibt es dazu eine EU-Richtlinie. Vor zwei Jahren forderte das Europäische Parlament eine Ausweitung des Mutterschutzes auf 20 Wochen. Dem widersetzte sich unter anderem Deutschland - dort rechnete man mit 1,2 Milliarden Euro Mehraufwand für die Arbeitgeber.

In Deutschland ist der Mutterschutz auf 14 Wochen - sechs Wochen vor der Geburt und acht Wochen danach - beschränkt. Die Mütter bekommen während dieser Zeit den vollen Lohnausgleich, das staatliche Mutterschaftsgeld ist aber auf maximal 13 Euro pro Kalendertag beschränkt, die Differenz muss der Arbeitgeber zuschießen. Ähnlich dem Kinderbetreuungsgeld in Österreich können deutsche Eltern für die Zeit nach dem Mutterschutz 14 Monate lang Elterngeld beziehen.

In Großbritannien wird nicht zwischen Mutterschutz und Karenz unterschieden. Frauen haben dort Anspruch auf 26 Wochen bezahlte, teils verpflichtende Elternzeit, an die sie noch 26 weitere unbezahlte hängen können. In Großbritannien ist auch die Väterbeteiligung besser ausgeprägt als in anderen Ländern - dort können die Väter immerhin zwei Wochen bezahlte Elternzeit nehmen. Für isländische Väter besteht gar eine Verpflichtung, mehrere Monate lang beim Baby zu bleiben, logischerweise ist die isländische Väterbeteiligung die höchste der Welt.

In Österreich steckt die Väterbeteiligung mit dem unbezahlten Papa-Monat für Bundes- und in einigen Ländern auch Landesbeamte noch in den Kinderschuhen. Was den Mutterschutz betrifft, liegen wir aber mit insgesamt 16 Wochen im guten europäischen Mittelfeld. Das Wochengeld in der Höhe des Lohns wird von der Gebietskrankenkasse bezahlt.

Hierzulande ist die Aufteilung des Mutterschutzes nicht flexibel: Angestellte unterliegen vor und nach der Geburt je acht Wochen lang einem Beschäftigungsverbot.

Flexibilität in Belgien

In Belgien ist das anders, wie der Arbeits- und Sozialrechtler Wolfgang Mazal erläutert: Dort haben Frauen Anspruch auf sechs Wochen Mutterschutz vor der Entbindung, können sich aber entscheiden, wie lange sie arbeiten wollen. Entsprechend verlängert sich der nachgeburtliche Mutterschaftsurlaub, der verpflichtend bei neun Wochen liegt. Dieses Modell der Wahlfreiheit birgt laut Mazal aber auch Tücken: "Wenn Flexibilität besteht, können Arbeitgeber auch ungerechtfertigt Druck auf die Mutter ausüben, länger zu bleiben", sagt er. Er hält die bestehende Mutterschutzregelung für in Ordnung.

Kritik an der jüngsten Änderung des Mutterschutzes haben erst am Donnerstag die Grünen geübt. Im Mutterschutzgesetz ist die Möglichkeit verankert, dass Schwangere frühzeitig freigestellt werden müssen, wenn eine Gefahr für Leib und Leben von Mutter oder Kind besteht. Im letzten Jahr wurden per ministeriellem Erlass die Gründe derart eingeschränkt, dass die Zahl der ausgestellten Freistellungszeugnisse innerhalb eines Jahres von 5766 auf 721 absank. Die Präzisierung sei nötig gewesen, um das Gesetz an den aktuellen Stand der Medizin anzupassen, sagt dazu Walter Neubauer, stellvertretender Kabinettschef von Sozialminister Rudolf Hundstorfer.