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Zeit für eine Liste

Von Walter Hämmerle

Leitartikel
© WZ

In der Not können außergewöhnliche Machtmittel notwendig sein. Wir dürfen uns nur nicht daran gewöhnen.


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Aus großer Kraft folgt große Verantwortung. Das gilt nicht nur für Superhelden, die sich mit dem Ziel über uns gemeine Erdenbürger erheben, die Welt zu retten. Diese moralische Bindung großer Kraft gilt umso mehr für alle Mächtigen, die sich jetzt noch mehr Macht zuweisen. Denn wenn die Geschichte irgendetwas lehrt, dann dies: Wer einmal außergewöhnliche politische oder wirtschaftliche Macht zugewiesen oder sich sonst angeeignet hat, ist diese, wenn überhaupt, nur widerwillig wieder herzugeben bereit.

Und selbst in den wenigen Fällen, wo diese Bereitschaft prinzipiell gegeben ist, hat sich das weitere und nähere Umfeld oft schon so an die neuen Umstände gewöhnt, dass es ganz reale praktische Hindernisse gibt, zum Status quo ante zurückzukehren. Bis heute etwa haben es die Staaten der Eurozone nicht geschafft, wieder vom Gratisgeld der Europäischen Zentralbank loszukommen, das doch eigentlich nur als zeitlich begrenzte Notmaßnahme im Kampf gegen die Finanzkrise nach 2008 eingeführt worden war.

Nun hat die EZB eine neue "Bazooka" im Anschlag: Ein gigantisches, 750 Milliarden Euro umfassendes Ankaufprogramm von Staats- und Unternehmensanleihen soll Staaten und Wirtschaft der Eurozone noch gegen die schlimmstmöglichen Folgen der Corona-Krise immunisieren. Das Gesamtvolumen des EZB-Anleihenkaufprogramms beläuft sich damit für 2020 auf unvorstellbare
1,1 Billionen Euro.

In der aktuellen, von extremer Verunsicherung geprägten Situation ist es richtig und wichtig, dass diejenigen, die Verantwortung für das Gemeinwohl tragen, alle Hebel in Bewegung setzen, um den - aus heutiger Sicht unmöglich abzusehenden - Schaden so klein wie möglich zu halten. Und weil mit den herkömmlichen Mitteln längst nicht mehr das Auslangen zu finden ist, greifen die Akteure eben zu außergewöhnlichen Machtbefugnissen.

Dies alles findet bisher und auf jeden Fall in Europa auf dem Boden des demokratischen Rechtsstaats statt. Dessen Grenzen sind notwendigerweise dehnbar, Not macht so flexibel wie erfinderisch.

Trotzdem sollten wir bei allen, nun dem Notwendigen gehorchenden Maßnahmen schon jetzt daran denken, wie sie am Ende dieser Krise wieder zurückgeschraubt werden. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier; einmal in Kraft, sinkt der gegen alles Neue gerichtete Widerstand auf Sparflamme. Deshalb empfiehlt sich jetzt schon eine Liste von dem, was wieder weg muss, wenn die Krise erst erfolgreich gemeistert ist. Damit wir uns erst gar nicht an den neuen Alltag gewöhnen.