Nur wenige Tage bleiben für eine Annäherung im Schuldenstreit mit Griechenland.
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Brüssel. Zumindest vor dem Gebäude hatte Yanis Varoufakis seine Sympathisanten. Auf dem Brüsseler Schuman-Platz, wo der neue griechische Finanzminister zum ersten Mal mit seinen Amtskollegen aus der Eurozone zusammenkam, fanden sich mehrere Dutzend Demonstranten ein, die auf Spruchbändern und via Lautsprecher den harten Sparkurs der Gemeinschaft anprangerten. Doch drinnen, beim Ministertreffen, musste Varoufakis mit weniger Verständnis rechnen. Denn dass die linke Syriza-Regierung in Athen die Kooperation bei der Umsetzung der Reformvorgaben, an die die internationale Finanzhilfe für das verschuldete Land geknüpft ist, teilweise aufkündigen möchte, sorgt für Unmut.
Nicht nur in Deutschland. Denn es ist nicht Berlin allein, dass auf die Erfüllung der Verpflichtungen pocht, die Griechenland eingegangen ist. Auch der österreichische Finanzminister Hans Jörg Schelling befand: Die Bedingungen des Hilfsprogramms seien einzuhalten. Ähnlich äußerte sich sein niederländischer Kollege, der Vorsitzende der Eurogruppe, Jeroen Dijsselbloem.
Die Hoffnungen auf eine schnelle Einigung im Schuldenstreit erfüllten sich daher bei der Sitzung, die sich bis in die Nacht auf den heutigen Donnerstag zog, nicht. Und bei dem Gipfeltreffen der EU-Staats- und Regierungschefs, das heute, nur einen halben Tag später beginnt, ist eine inhaltliche Debatte über die griechischen Finanznöte nicht zu erwarten - auch wenn der erste Auftritt von Ministerpräsident Alexis Tsipras im Kreise seiner Amtskollegen ähnlich großes Interesse auslöst wie Varoufakis‘ Erscheinen.
Ruf nach Brücken-Finanzierung
Viel Zeit, über ihre Vorstellungen zu verhandeln, bleibt der Athener Regierung allerdings nicht. Ende des Monats läuft nämlich das Hilfsprogramm aus. Ohne weitere Geldspritzen könnte Griechenland danach bald die Staatspleite drohen. Wie eine Brücken-Finanzierung, die das Kabinett Tsipras gerne hätte, aussehen könnte, ist noch unklar. Ob die gewünschte zusätzliche Frist von bis zu einem halben Jahr für Verhandlungen mit den Gläubigern eingeräumt wird, ist ebenso offen.
Die Idee Athens, die OECD (Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) verstärkt in die Umsetzung von Reformen einzubinden, stößt ebenfalls nicht auf unumschränkte Begeisterung. Die Organisation kann nämlich nicht in allem die von der griechischen Regierung abgelehnte Troika aus Vertretern von EU-Kommission, EZB (Europäische Zentralbank) und IWF (Internationaler Währungsfonds) ersetzen. Jedoch könnte sie Hilfe beim Aufbau von Verwaltungsstrukturen etwa leisten, räumte der deutsche Finanzminister Wolfgang Schäuble ein. OECD-Generalsekretär Jose Angel Gurria hat bereits Unterstützung bei der Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Korruption angeboten. Auch dadurch könne Griechenland seine Einnahmen steigern.
Am Montag schon gibt es jedenfalls die Gelegenheit zu weiteren Gesprächen mit den Partnern: Die Eurogruppe trifft sich da wieder zu einem ihrer regelmäßigen Treffen. Bis dahin sollen die Vorschläge abgeglichen werden. Für die Beamten des griechischen Finanzministeriums bedeutet das eine Verlängerung ihres Brüssel-Aufenthaltes. Die Mitarbeiter sollen bis Montag in Klausur gehen und die Details ausarbeiten, hieß es aus Verhandlungskreisen.