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Zeit für Neues?

Von Thomas Seifert

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Thomas Seifert.

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Sebastian Kurz ist mit dem Slogan "Zeit für Neues" angetreten. Doch ist ÖVP-FPÖ wirklich neu? Oder ist diese Koalitionsvariante nicht vielmehr ein düsteres Déjà-vu? Denn sie führt zurück ins Jahr 2000. Die Erinnerungen an die beiden Kabinette von Kanzler Wolfgang Schüssel sind nicht die allerbesten: Die Namen einiger Minister sind nur deshalb im Gedächtnis haften geblieben, weil sie bis heute im Zusammenhang mit Gerichtsverfahren und Korruptionsvorwürfen kursieren. Während dieser Ära wurde in Jörg Haiders Kärnten der Grundstein für das größte Wirtschaftsdebakel der Zweiten Republik gelegt, für das bis heute auch jene Steuerzahler, die nie im Traum daran gedacht haben, in ihrem Leben jemals FPÖ (oder später BZÖ) zu wählen, aufkommen dürfen.

Von Mark Twain stammt der Sinnspruch: "Geschichte wiederholt sich nicht. Aber sie reimt sich." Und genau das ist jetzt das Problem von ÖVP-Chef Kurz, der es mit einem Koalitionspartner zu tun bekommt, dessen Spitzenrepräsentant Heinz-Christian Strache von der "Süddeutschen Zeitung" über die "Financial Times" bis hin zur "New York Times" als "ehemaliger Neonazi" charakterisiert wird.

Man kann getrost davon ausgehen, dass Kurz Angela Merkel beneidet, deren größtes Problem bei der Bildung der konservativ-grün-liberalen Jamaika-Koalition bei den Kolleginnen und Kollegen der Schwesterpartei CSU in München zu liegen scheint. Denn immerhin kann Merkel Jamaika als pfiffigen Neuanfang in Berlin verkaufen und tatsächlich sind von ihren Koalitionspartnern personelle und inhaltliche Impulse zu erwarten. Und tu infelix Austria? Schwarz- - pardon - Türkis-Blau steht nicht gerade für ein Österreich einer neuen Gründerzeit, es steht auch nicht für ein Land der Offenheit, des Bildungshungers, der Exportorientierung und des Tatendrangs. Wäre Österreich zum Beispiel so wie der derzeitige freiheitliche Parlamentsklub, dann wäre nur rund jede sechste Person eine Frau, und fast die Hälfte der Menschen in diesem FPÖ-Österreich wären Mitglieder in korporierten Burschenschaften - die meisten davon sind ultrarechte völkische Verbindungen mit starkem national-nostalgischen Charakter. Diese Leute stehen nicht für Zukunft, sondern für Vergangenheit. Um es kurz zu machen: Sebastian Kurz wird mit seinem Koalitionspartner FPÖ wohl auf Dauer keine rechte Freude haben.