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Arbeitsrechts- experte kritisiert Ungleichbehandlung. | EU fordert eine Gleichstellung mit Festangestellten. | Wien. So spektakulär, wie das EU-Vorhaben zur Zeitarbeit klingt, ist es gar nicht - zumindest nicht, was Österreich betrifft. Die geplante Richtlinie, die eine Gleichstellung von Zeitarbeitern und Festangestellten bezweckt, bleibt hierzulande ohne Folgen.
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Denn in Österreich gibt es diese Gleichstellung bereits, "es gibt daher keinen Änderungsbedarf", erklärt Doris Lutz von der Arbeiterkammer Wien. Arbeitnehmer, die von einem Arbeitskräfteüberlasser an ein Unternehmen für einen Zeitraum verliehen werden, müssen hierzulande so viel verdienen wie der Kollektivvertrag (KV) des Beschäftigers vorsieht. Einzige Ausnahme: Wenn der KV des Unternehmens niedriger ist als jener für die Leiharbeitsbranche, wird letzterer angewendet. Das kommt allerdings in der Praxis kaum vor.
Abstriche beim Lohn
Während Franz Gober von dem Überlassungsunternehmen DIS AG die heimische Situation in den Himmel lobt, hat der Arbeitsrechtsexperte Wolfgang Mazal eine andere Sichtweise. Die Gleichstellung nach dem KV ist für den Universitätsprofessor keine wirkliche Gleichstellung. Denn die KV-Entlohnung entspricht in den seltensten Fällen den innerbetrieblichen Lohnbedingungen, erläutert er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".
In Österreich habe man sich an den KV des Beschäftigers und nicht an den innerbetrieblichen Arbeitsbedingungen angelehnt, um Leiharbeitskräfte billiger zu machen als fix Angestellte.
Das wird sich auch durch die geplante EU-Richtlinie nicht ändern. Diese fordert zwar eine völlige Gleichstellung von Zeitarbeitern und Festangestellten, erlaubt aber Ausnahmen durch kollektivvertragliche Vereinbarungen, so wie sie eben in Österreich der Fall sind.
"Die Ungleichbehandlung beim Entgelt kann also weiter bestehen bleiben", meint Mazal. Auch beim Arbeitnehmerschutz ist die Gleichstellung zwischen Zeitarbeitern und Festangestellten "keine gmahte Wiesn", sagt Mazal. "Wir haben zwar eine rechtliche Gleichstellung, aber keine faktische."
Unattraktiver Markt
Gober findet, dass der heimische Markt für Arbeitskräfteüberlasser schon jetzt nicht sonderlich attraktiv ist. Aus Sicht der Arbeitskräfteüberlasser gibt es wegen der Gleichstellung mit den Festangestellten wenig Spielraum, sagt er zur "Wiener Zeitung".
In anderen EU-Ländern wird die Gemeinschafts-Richtlinie jedenfalls einige Neuerungen erforderlich machen. Fraglich ist allerdings noch, ob das EU-Parlament dem Richtlinienvorschlag zustimmt.
Wissen
Bei der Zeitarbeit oder Leiharbeit wird der Arbeitnehmer bei einem Arbeitskräfteüberlasser angestellt und an ein drittes Unternehmen zur Arbeitsleistung verliehen. Das Unternehmen zahlt einen Stundensatz an den Überlasser. Arbeits- und sozialrechtlich bleibt der Leiharbeiter dem Überlassungsunternehmen zugeordnet.