)
Die Hoffnung auf eine Entspannung in Nahost nach dem Treffen Donald Trumps mit Wladimir Putin kann vielleicht nur ein Strohfeuer sein. Ungeachtet der Realpolitik des US-Präsidenten müssen die Europäer am Bündnis mit den USA festhalten.
Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 6 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.
Bis vor kurzem war der Westen solidarisch und zum vereinten Schulterschluss bereit, wenn es beispielsweise um den Balkan-Krieg, die Einsätze in Ruanda oder Somalia oder die Befreiung Kuwaits ging. Doch spätestens nach der Kündigung des Atomvertrags mit dem Iran seitens der USA fühlen sich die Europäer durchaus gedemütigt, hintergangen und von US-Präsident Donald Trump ins sprichwörtliche Abseits gedrängt.
Trump wiederum sieht sich darin bestärkt, das einzig Richtige und Fehlerfreie getan zu haben. Dass der Multilateralismus langsam, aber sicher zu Ende geht, ist für Europa alles andere als gut. Einheit durch Vielfalt: Das Motto der Europäischen Union scheint zur Farce zu werden.
Es ist aber ein Fehler, den Sinneswandel auf der anderen Seite des Großen Teichs ganz alleine Trump in die Schuhe zu schieben. Auch andere US-Präsidenten vor ihm waren in der Vergangenheit skeptisch, wenn es darum ging, die eigene Macht zu teilen. Offenbar hat man nichts aus der Geschichte gelernt, wenn es darum geht, die individuelle Ohnmacht zu kaschieren.
Man muss dessen ungeachtet die Augen öffnen und erkennen, dass der US-Präsident eine neu ausgerichtete Realpolitik vertritt, die sich lediglich an den US-Interessen orientiert. Die USA benötigen auf diese Art und Weise zum Beispiel kein Übereinkommen mit dem Iran, um ihre Hegemonialmacht in einigen Staaten des Nahen Ostens zu demonstrieren. Dass Trump nun in Helsinki mit seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin auch über eine mögliche Entspannung der Situation in Nahost (insbesondere über den Atomdeal mit dem Iran und über Syrien) gesprochen hat, kann vielleicht nur ein Strohfeuer der Hoffnung sein. Dass Trump öfters rhetorische Nebelgranaten zündet, ist bekannt.
Die jüngere Zeithistorie ist reichhaltig an Beispielen, in denen die USA mit ihrer unvorsichtigen und gleichermaßen kurzsichtigen Realpolitik Schiffbruch erlitten haben. Ungeachtet dessen müssen die Europäer am Bündnis mit den Amerikanern festhalten und sie als Partner auf Augenhöhe betrachten, auch wenn die USA als selbstdeklarierte Weltpolizei in der eng vernetzten und globalisierten Welt stark an Einfluss verloren haben. Die Europäer müssen ihre eigenen Hausaufgaben schleunigst erledigen und ihre aktuellen Probleme wie etwa die Migrationsfrage und den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union angehen. Sonst kann das Zusammengehörigkeitsgefühl auf der Weltbühne zu einem unheilvollen und gefährlichen Trauerspiel in einem Akt werden. Dass das auch ein Synonym für Realpolitik ist und eine Zeitenwende in der Weltpolitik darstellt, ist mehr als offensichtlich.
Europa kann nur lernen, wenn es auf alte und selbst entwickelte Stärken und keinesfalls auf die Fehler anderer setzt. Die Empörung über Trump und das lähmende Entsetzen über seinen Stil als US-Präsident, Politik auszuleben und neu zu definieren, werden über kurz oder lang auf keinen Fall von Nutzen sein.