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Österreich 1 schaut einmal mehr in Nachbars Garten. Diese Woche heißt es "Nebenan - Serbien und Montenegro". Am Montag bot man in den "Radiogeschichten" die Erzählung "Ferien im Süden" von Ivo Andric. Karl Michael Vogler las wie eine Sprechpuppe, zusammengesetzt aus Märchenerzähler und Zeigestab. Als er im Satz "Am nächsten Morgen standen sie früh auf" das letzte Wörtel extrem hervorhob, reichte es uns. Eine Frechheit und ein Trauerspiel. Wie man seine Mittel überzeugend in den Dienst der Sache stellt, hörten wir tags darauf, als Peter Matic die berührende Geschichte "Die Schuld" von Danilo Kis einfühlsam zum Besten gab. Zuvor, im "Konzert am Vormittag", wurden wir endlich Ohrenzeugen des außergewöhnlichen Pianisten Fazil Say. Man war positivst eingestimmt - und das, was einem da zu Ohren kam, hielt all den guten Dingen, welche man über ihn gelesen hatte, quasi spielend stand. Er bewies u. a. zwei kongeniale Händchen für Haydn - der schwierigsten Übungen eine. Wenn sie gelingt, dann perlt, funkelt und sprüht die Klangrede des Meisters von anno dazumal wie am ersten Tag. Und als der genialische Klaviermusikant seine Variationen eines Paganini-Themas zugab, war die pianistische "Elefantenhochzeit" zwischen Art Tatum und Vladimir Horowitz perfekt.
Perfekt auch, weil sprachlich vollendet, die einzigartige Dichtung des Anselm Glück. Die "Literatur-Miniatur" brachte Auszüge aus seinem Theatertext "innerhalb des gefrierpunktes". Uraufführung mogen in Graz. In "Zeit-Ton" schließlich, kurz vor Mitternacht, gab es eine weitere Möglichkeit, Zeitgenössisches aus Meisterhand zu genießen. Wir hörten die tags zuvor passierte Uraufführung des neuen Doppelkonzertes von Herbert Willi. Kurzum: Das Montafon, derart ausgehorcht, wird zum reizvoll klingenden Stück Österreich.