Zehn Jahre seines Lebens verbrachte Faraj Sarkuhi hinter iranischen Gefängnismauern. 1997 entging der Herausgeber der renommierten ehemaligen iranischen Literaturzeitschrift "Adineh" dank internationaler Proteste und dem Einsatz des "International Press Institute" (IPI) in seinem Land nur knapp einem Todesurteil.
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Seit mehr als zwei Jahren lebt Sarkuhi mit seiner Familie in Frankfurt. Am 6. Mai 1998 hatten ihm die Gralshüter der islamischen Revolution um Ayatollah Khamenei die Ausreise nach Deutschland gestattet. Seither kämpft der Autor und Literaturkritiker im Exil unermüdlich für das Recht auf freie Meinungsäußerung und um das Leben seiner inhaftierten und verfolgten Kollegen. Am Dienstag abend sprach Sarkuhi auf Einladung des IPI und des Presseclub Concordia in Wien über die aktuelle Lage im Iran: "Mir ist wichtig, dass die Öffentlichkeit erfährt, was in meiner Heimat passiert".
Seit Beginn der massiven Repressalien gegen die dortigen Medienvertreter und Literaturschaffenden wurden bereits 25 Zeitungen verboten. 15 Journalisten werden zur Zeit in Gefängnissen festgehalten, mehrere von ihnen sind zum Tode verurteilt. Dass das Mullah-Regime zur Erhaltung seiner immer brüchiger werdenden Legitimität vor allem Repräsentanten der öffentlichen Meinung zum Schweigen bringen will, liegt nur vordergründig an deren politischem Engagement: Es würden auch Autoren verfolgt, deren Publikationen keine politischen Botschaften zum Inhalt haben. Als er, Sarkuhi, im Gefängnis einmal den Informationsminister gefragt habe, warum der Staat ihn, den Herausgeber einer kleinen, politisch unbedeutenden Monatszeitschrift, umbringen wolle, habe ihm dieser geantwortet: "Weil Ihr eine potentielle Gefahr seid. Wenn eine Krise kommt, seid Ihr gefährlich, denn Ihr habt eine Stimme. Und das wollen wir nicht".
Wen von den Kollegen es trifft, ist mehr oder weniger Zufall. Die Hüter des Islam nehmen einzelne Journalisten heraus und lassen sie ermorden oder bedrohen sie mit der Todesstrafe. Damit wollen sie die anderen zur Selbstzensur zwingen, erläuterte Sarkuhi. Nachdem die Gerichtsverfahren zunehmend ein schlechtes internationales Licht auf das Regime werfen, hätten sich in letzter Zeit Fälle gehäuft, in denen Regimekritiker im Gefängnis plötzlich einem Herzinfarkt zum Opfer gefallen seien. Diese chemischen "Behandlungsmethoden" seien schwerer nachweisbar.
Sarkuhi fürchtet in diesem Zusammenhang vor allem um das Leben des liberalen Geistlichen Yusoki Eshkevari, der trotz seiner schweren Diabetes eine langjährige Haftstrafe absitzen muss, sowie um Akbar Ganji. Ganji schrieb Artikel über Auftragsmorde der iranischen Geheimpolizei. Vor zwei Wochen beklagte er während des Gerichtsverfahrens, dass er gefoltert worden sei.