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Zentralbanker mahnen zur Eile

Von Hermann Sileitsch

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Tragisch, dass Jean-Claude Trichet nicht mehr kandidieren darf: Kurz vor Ende seiner Amtszeit (am 31. Oktober 2011) läuft der Chef der Europäischen Zentralbank (EZB) zur Höchstform auf. Geldpolitik wird mit Worten und Taten gemacht und dieses Spiel beherrscht der Franzose inzwischen meisterhaft.


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Er wandert dabei auf einem schmalen Grat - er muss die Inflation einfangen, darf aber nicht die maroden Euro-Schuldenländer mit einer leichtfertigen Zinsanhebung ins Messer stürzen.

Ein womöglich schädlicher Zinsschritt war vorerst nicht nötig: Trichet erreichte diese Woche seine Ziele mit einer unerwartet scharfen Rhetorik. Die Märkte wurden so auf einen Zinsschritt vorbereitet, die EZB betonte ihre von den US-Kollegen unterschiedliche Prioritätensetzung (stabile Preise statt Konjunkturimpulse) und lieferte überdies ein Signal für ihre politische Unabhängigkeit. Und sie redete den Euro stark, was den Teuerungsschub durch die hohen Ölpreise dämpft: Der Rohstoff wird in Dollar abgerechnet.

Trichet erhöht mit seiner Warnung zudem den Druck auf EU und Eurozone, die Schuldenkrise endlich überzeugend zu lösen. Dass Deutschlands Kanzlerin Angela Merkel einen Ankauf von Schuldpapieren durch den Euro-Krisenfonds nicht mehr kategorisch ausschließt, ist ein geradezu sensationeller Schwenk. Bisher war das für die Deutschen absolut tabu.