MoDem-Chef François Bayrou: "Hollande ist die Wahl, die ich treffe."
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Paris. Er konnte sich gerade wieder ein wenig Hoffnung auf eine zweite Amtszeit machen, da setzte es für Frankreichs Präsidenten Nicolas Sarkozy einen herben Rückschlag. Der Chef der Zentrumspartei MoDem, François Bayrou, erklärte am Donnerstagabend, dass er bei der Präsidenten-Stichwahl am kommenden Sonntag dem Sozialisten François Hollande seine Stimme geben werde. Eine Hiobsbotschaft für Sarkozy, der gegenüber Hollande ohnedies im Hintertreffen ist und erst nach der hitzigen Fernsehdebatte am Mittwoch in den Umfragen leicht zugelegt hatte. Vor Bayrou hatten bereits 40 Parteikader der MoDem ihre Anhänger dazu aufgefordert, den Sozialisten zu wählen.
"Ich kann nicht weiß wählen, das würde Unentschlossenheit bedeuten und unter diesen Umständen ist Unentschlossenheit nicht möglich", sagte Bayrou, der im ersten Wahldurchgang etwas mehr als neun Prozent der Stimmen erhalten hatte. "Bleibt, für François Hollande zu stimmen; das ist die Wahl, die ich treffe." Bei der letzten Präsidentschaftswahl im Jahr 2007 hatte er noch weiß gewählt. Seinen Anhängern gab er allerdings keine allgemeine Wahlempfehlung. Jeder solle nach seinem Gewissen entscheiden. Schätzungen beziffern die sarkozy-affinen MoDem-Wähler zwischen 30 und 40 Prozent.
Der Verlust des Zentrums war Sarkozy von Experten bereits seit längerem vorausgesagt worden. Zu scharf war sein Rechtskurs, um die Wähler der extremen Front National abzuholen. Auch beim TV-Duell mit Hollande hatte er die Zentristen so gut wie nicht beachtet. Dies fand sich in Bayrous Entscheidungsbegründung wieder: Sarkozy "hat sich einer Verfolgungsjagd auf die extreme Rechte hingegeben, in der wir unsere Werte nicht wiederfinden."
Entscheidung aus der Not oder politisches Kalkül?
Lediglich um eine Entscheidung aus der Not heraus, wie es Bayrou darstellte, hat es sich dann vielleicht aber auch nicht gehandelt. Analysten rechnen damit, dass die konservative Partei UMP (Union für eine Volksbewegung) im Falle einer Niederlage ihres Chefs Sarkozy implodieren wird. Die Szenarien reichen von einer Neugründung bis hin zu Abspaltungen. Der aus dem liberal-konservativen Lager stammende Bayrou, der unter dem jetzigen Außen- und früheren Premierminister Alain Juppé Regierungsmitglied war, könnte sich in diesem Fall ausrechnen mitzumischen. Dies, zumal er mit seiner Erklärung über Sarkozys nicht mehr tragbare Annäherung an die rechts-extreme Front National vielen Konservativen und Parteikollegen Sarkozys aus der Seele gesprochen hat. Auch wenn meist nicht offen darüber gesprochen wird, so sehnt doch manches UMP-Mitglied die Zeit eines Präsident Jacques Chirac zurück, der die Partei seinerzeit klar vom rechts-extremen Lager abgegrenzt hatte.
Gleichzeitig bliebe im Falle eines Sieges Hollandes auch die Tür für Bayrou offen, mit dem neuen Präsidenten zusammenzuarbeiten, zumal dieser wiederholt davon gesprochen hatte, Frankreich einen zu wollen. Zwar stehen die Sozialisten der Zentrumspartei grundsätzlich skeptisch gegenüber, doch könnte sich durchaus eine Kooperation in der einen oder anderen Form bis hin zur Regierungsbeteiligung ergeben.
Der in allen Umfragen führende Hollande erklärte am Abend in Toulouse, die Unterstützung Bayrous sei "die Wahl eines freien und unabhängigen Manns". Bayrou habe verstanden, dass Sarkozy die Franzosen gespalten habe und es ein Risiko für Frankreich bedeute, ihn für eine zweite Amtszeit zu wählen. Zugleich versicherte Hollande, es habe zwischen ihm und Bayrou keinerlei Absprachen gegeben.
Für Sarkozy hätte es kaum schlimmer kommen können. Nachdem ihm der nötige Sieg gegen den seit dem ersten Wahldurchgang führenden Hollande im TV-Duell nicht gelungen war, wird eine Aufholjagd in den letzten Tagen durch Bayrous Entscheidung unwahrscheinlich.