Am Sonntag überträgt François Hollande seinem Nachfolger Emmanuel Macron das Amt des französischen Staatschefs.
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Paris. François Hollande war immer als Frohnatur bekannt, ja als regelrecht exzessiver Optimist. Frankreichs Presse verspottete ihn als Anhänger der "Coué-Methode" - des bewussten Einsatzes von positivem Denken, um bösartige Kommentare nonchalant an sich abperlen zu lassen. Auch jetzt, am Ende seiner fünfjährigen Amtszeit, wirkt das so. "Ich war ein unbeliebter Präsident, aber kein verhasster", sagte der 62-Jährige nun. "Heute bin ich ganz nahe daran, geliebt zu werden."
Umfragen bestätigen das nicht. Demnach war und ist er der unpopulärste Präsident der Fünften Republik. Die Journalisten Gérard Davet und Fabrice Lhomme, Autoren des umstrittenen Gesprächs-Buchs "Ein Präsident sollte das nicht sagen...", sehen ein "riesiges Missverständnis" zwischen Hollande und den Franzosen.
So ging das Versprechen, er werde im Gegensatz zu seinem hyperaktiven, großspurigen Vorgänger Nicolas Sarkozy ein "normaler" Präsident, nach hinten los. Die Franzosen wollten keinen bescheidenen Amtsherren im Élysée-Palast, der wie ein verliebter Teenager mit dem Roller zu seiner Geliebten düst und zugleich seinem Friseur ein Brutto-Monatsgehalt von 10.000 Euro zahlt. Für sein Image waren solche Enthüllungen desaströs.
Dabei sehen Davet und Lhomme in Hollande nicht nur einen charmanten Gesprächspartner, sondern auch einen klugen Politiker mit klarem Kurs. Doch in Reden wirkt der Präsident stets zögerlich, unscharf. "Der Wechsel ist jetzt", lautete sein Wahlspruch. Aber verändert hat sich wenig. Eine seiner ersten Handlungen war die Einführung der Homo-Ehe. Von anderen Versprechen wie dem Wahlrecht für in Frankreich lebende Ausländer sah er danach ab. Sein Hauptaugenmerk legte Hollande darauf, die Wirtschaft anzukurbeln und die hohe Arbeitslosigkeit, vor allem unter Jugendlichen, zu senken. Doch es misslang ihm, eine echte Trendwende einzuleiten. Fast 600.000 Arbeitslose zählt das Land mehr seit seinem Amtsantritt, auch wenn der Sozialist viele Probleme von seinen Vorgängern geerbt hatte und sich die wirtschaftliche Stimmung inzwischen allmählich aufhellt. Der 2013 mit Arbeitgeber- und Gewerkschaftsvertretern beschlossene "Verantwortungspakt" sollte eine neue Kultur des sozialen Dialogs einführen. Doch während die Betriebe den Steuernachlass von 40 Milliarden Euro als Plus für ihre Wettbewerbsfähigkeit lobten, empfand der Linksflügel der Sozialisten den unternehmerfreundlichen Kurs des Präsidenten als Verrat. "Mein Feind ist die Finanzwelt", hatte er noch als Kandidat verkündet. Der Widerstand in den eigenen Reihen blockierte die Regierung zunehmend. Gesetze zur Liberalisierung der Wirtschaft und des Arbeitsmarktes wurden am widerspenstigen Parlament vorbei durchgedrückt.
Man nahm Hollande auch übel, dass er von seiner Forderung nach einer Neuverhandlung des EU-Fiskalpaktes schnell wieder ablassen musste, sich zwar als europäischer Krisenmanager an der Seite von Kanzlerin Angela Merkel zeigte, aber kaum Impulse für die EU gab.
Besonders geprägt wurde seine Amtszeit zudem von den Terrorangriffen, die ab 2015 das Land erschütterten. Er zeigte sich als nervenstarker und empathischer Staatsmann. Doch als er die Aberkennung der französischen Staatsbürgerschaft für binationale Terroristen vorschlug, war das ein weiterer Tabubruch für die Linke, er nahm ihn wieder zurück.
Und so bleiben von seiner Amtszeit gerade die Tiefpunkte in Erinnerung, vom Skandal um die Schweizer Geheimkonten des früheren Budgetministers Jérôme Cahuzac bis zur Aufdeckung von Hollandes Liebesaffäre mit der Schauspielerin Julie Gayet durch Paparazzi-Fotos, auf die ein Rachebuch seiner vorherigen Lebensgefährtin Valérie Trierweiler folgte.