"Die UNO ist auf die USA angewiesen, nicht umgekehrt", erklärt der Leiter des Büros für Sicherheitspolitik, Erich Reiter, im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Um daher dem Schicksal des Völkerbundes zu entgehen, sollte sich die UNO darauf konzentrieren, die USA wieder in ihren Kreis zurückzuholen. In der Frage der zukünftigen transatlantischen Beziehungen gehe es darum, ob es auch in Zukunft einen geeinten Westen gibt, der eine global ordnende Rolle einnimmt.
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Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen wird sich, davon ist Reiter überzeugt, erst nach dem Ende des Irak-Krieges erweisen. Aus Sicht der USA wird es dabei um die Frage gehen, wer für eine global ordnende Rolle der westlichen Welt eintritt und wer sich einer solchen entgegen stellt. Oder anders gesagt: Gibt es auch in Zukunft einen einheitlich auftretenden und handelnden Westen?
Was die zukünftige Rolle der NATO betrifft, so habe diese ihre militärische Bedeutung für die USA spätestens seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verloren. Heute sehen die USA darin in erster Linie "eine Organisation zur Festigung ihres Einflusses in Europa, mehr nicht", so Reiter. Dies zeige sich auch anhand der Erweiterungspolitik der NATO: Alle neuen Mitglieder liegen weit unter den militärischen Standards der alten NATO-Staaten.
Solange diese Staaten ihre Sicherheit aufgrund ihrer Randlage gefährdet sehen, würden sie ihre Beziehungen zum "Schutzpatron" USA höher bewerten als jene zu Westeuropa. Daran werde sich auch durch ihre EU-Mitgliedschaft auf absehbare Zeit nichts ändern.
Bruch zwischen USA und Türkei?
Skeptisch ist Reiter, was die künftigen Beziehungen zwischen den USA und der Türkei angeht. Die USA glaubten, in Ankara einen verlässlichen Partner zu haben. Durch das Verhalten der politischen und militärischen Führung der Türkei unmittelbar vor und nach Beginn des Irak-Krieges ist dieser Glaube wenn schon nicht zerstört, so doch immerhin schwer erschüttert. "Die Türkei wird nicht ewig der Freund der USA bleiben", ist Reiter überzeugt.
UN sind auf die USA angewiesen
Da die USA einzige Macht seien, die sowohl global militärisch intervenieren als auch einen Krieg zwischen anderen Staaten Kraft ihrer Stärke verhindern könne - wie etwa letztes Jahr beim Konflikt zwischen Indien und Pakistan geschehen -, sei die UNO auf die Unterstützung durch Amerika angewiesen und nicht umgekehrt, so Reiter. Der Wiederaufbau des Irak sei daher eine Chance, die USA wieder auf den Boden der UNO zurück zu holen. Ansonsten könnte ihr dasselbe Schicksal drohen, wie in der Zwischenkriegszeit dem Völkerbund, der ebenfalls die Unterstützung der Großmächte seiner Zeit verloren hatte.
Nicht nachvollziehen kann Reiter die Argumentation, dass die gegenwärtige Spaltung des Westens einzig und allein aufgrund der harten Politik der Bush-Administration eingetreten sei. Auch Clinton oder Gore hätten grundsätzlich nicht anders gehandelt, lediglich im Ton wären sie wohl verbindlicher aufgetreten.