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Unterstützt Häupl Schieder? In einem gemeinsamen Gespräch zerpflücken sie das Programm der Regierung.
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Wien. Das definierte Thema des Hintergrundgesprächs ist eigentlich die Mobilmachung der Wiener SPÖ gegen das Programm der Bundesregierung: "Auf der einen Seite der Plan des Sozialabbaus und auf der anderen Seite der inoffizielle Plan, die Sozialdemokraten aus dem Wiener Rathaus zu vertreiben", erklären der Wiener Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) und der geschäftsführende SPÖ-Klubchef im Parlament, Andreas Schieder, am Dienstagabend. Aber das Interesse gilt einem anderen Thema. Denn das gemeinsame Gespräch findet 18 Tage vor dem Landesparteitag statt, bei dem Häupl den Parteivorsitz abgibt - und zwar nach einer Stichwahl zwischen Ludwig und Schieder.
Ein Signal dafür, dass Häupl gerne Schieder als seinen Nachfolger sehen würde? "Sicher nicht", meint Häupl auf Nachfrage der Journalisten und verweist auf einen bereits absolvierten gemeinsamen Termin mit Michael Ludwig zum Spatenstich für die neuen Gemeindewohnungen in Favoriten. Das war allerdings vor einem Monat. Dennoch: Eine Empfehlung für einen der beiden Kandidaten auszusprechen - "das ist nicht mein Job", betont Häupl.
"Keinen Fehler gemacht"
Auch dass er vor dem Hintergrund der parteiinternen Querelen der vergangenen Monate etwas falsch in der Nachfolgefrage gemacht haben könnte, glaubt er nicht. Und einen Vergleich mit der reibungslosen Amtsübergabe in Niederösterreich von Erwin Pröll an Johanna-Mikl-Leitner lässt er nicht zu. Anderes Bundesland, andere Partei, andere Voraussetzungen, andere Personen. Er bleibt dabei: "In der Nachfolgefrage habe ich keinen Fehler gemacht."
Auf der Seite der Ludwig-Unterstützer sieht man das anders. Häupl sei gerade dabei, die Partei endgültig in die Luft zu sprengen, heißt es da. Er versuche - gemeinsam mit Landtagspräsident Harry Kopietz, Finanzstadträtin Renate Brauner, Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger und Landesparteisekretärin Sybille Straubinger -, Michael Ludwig um jeden Preis zu verhindern. Bis vor kurzem sei alles ruhig gewesen, alle hätten sich zurückgehalten. Doch dann sei in einem Zeitungsinterview die Kritik Schieders an der laxen Wohnpolitik Ludwigs gekommen.
"Und als klar geworden ist, dass sich die Gewerkschaft hinter Ludwig stellt, hat die Landesparteisekretärin plötzlich angekündigt, dass die Debatte am Wahl-Parteitag nicht öffentlich ist und es nun doch eine offene Diskussion geben soll", empört sich ein Delegierter. Schließlich habe sich der Parteivorstand im Dezember darauf geeinigt, dass sich die beiden Kandidaten im Vorfeld des Landesparteitages in zwei Hearings den Fragen der Delegierten stellen - "um damit eine Diskussion am Landesparteitag zu vermeiden, die einen der beiden Kandidaten beschädigen könnte", so der Insider weiter.
Aber das ist noch nicht alles: Als bedenklich wird auch bewertet, dass von der Schieder-Seite angeblich Umfragen verbreitet werden, die den Bundesklubobmann bereits jetzt schon als klaren Sieger darstellen würden. Tatsächlich sollen laut einer Hochrechnung 582 der 981 Delegierten für Schieder stimmen. Weiters werden ihm Mehrheiten im Ausschuss und vor allem in den Bezirken 1 bis 9 vorausgesagt.
"Dafür, dass vereinbart wurde, eine Schlammschlacht zu vermeiden, ist das schon ein starkes Stück. Der Parteitag droht zu einer Zerreißprobe für die Wiener SPÖ zu werden", meint man bei den Ludwig-Unterstützern.
Gar nicht so neutral
Wobei allerdings schon erwähnt werden muss, dass auch die Ludwig-Seite in der jüngsten Vergangenheit nicht gerade untätig war - siehe etwa die Wahlempfehlung der zweiten Nationalratspräsidentin Doris Bures oder jene von Arbeiterkammer-Präsident Rudi Kaske bzw. auch vom Wiener FSG-Chef Christian Meidlinger. Von dieser Seite wird übrigens gleich ein Zwei-Drittel-Sieg Ludwigs prophezeit - mit deutlichen Mehrheiten in der Gewerkschaft und in den Flächenbezirken wie etwa Floridsdorf, Donaustadt, Favoriten, Simmering oder Liesing.
Und auch die Rolle des Michael Häupl stellt sich am Ende des Tages gar nicht mehr so neutral dar, wie er es die anderen gerne glauben lassen würde. Zwar sagt er, dass er sich auf keinen der beiden Kandidaten festlegen will. Wohl weiß er aber ganz genau, welche Fähigkeiten ein Wiener Bürgermeister mitbringen muss, wie er bei dem Hintergrundgespräch ausführt: "Er braucht kommunalpolitische, aber auch bundespolitische und internationale Erfahrung", meint Häupl. Bleibt an dieser Stelle nur noch anzumerken, dass sich Michael Ludwigs politische Karriere immer nur auf die Kommunalpolitik beschränkt hat, während Andreas Schieder schon als Landespolitiker, Finanz-Staatssekretär, außenpolitischer Sprecher und als Bundes-Klubobmann tätig war.
So ruhig, wie nach außen hin getan wird, ist es also in der SPÖ bei weitem nicht. Aber das ist auch kein Wunder, geht es doch für viele Funktionäre um ihre politische Zukunft. Zwar hat nur Schieder für den Fall seiner Wahl angekündigt, ein neues Team aufstellen zu wollen. Allerdings erscheint auch ein Verbleib von Brauner oder Frauenberger im Regierungsteam als eher unwahrscheinlich, sofern Ludwig zum Zug kommen sollte. Natürlich hat hier der Gemeinderat auch noch ein Wörtchen mitzureden.
Gefahr der Spaltung
Eigentlich ist die spannendste Frage nicht, wer neuer Parteichef wird, sondern, ob die Partei ohne Schlammschlacht auskommt. Denn eine solche würde die Partei tatsächlich zerreißen. Und eine gespaltene Partei kann man selbst mit 65 Prozent der Delegiertenstimmen nicht führen. Damit wäre auch das Hintergrundgespräch von Dienstagabend ad absurdum geführt. Denn dann braucht Türkis-Blau nicht einmal mehr einen "inoffiziellen Plan", um die Sozialisten 2020 aus dem Wiener Rathaus zu vertreiben.