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"Zerschmettert in Stücke". . .

Von Harald Oberhofer

Gastkommentare
Harald Oberhofer ist Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien und forscht am Wifo.
© Roman Reiter / WU

Das Ende der WZ ist nur eine Episode in Österreichs stark auf kommerzielle Aspekte ausgerichteter Medienpolitik.


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prangte es in den Jahren von 1991 bis 2019 vom Flakturm im Wiener Esterházypark. Im Zuge von Renovierungsarbeiten wurde der Schriftzug übermalt und wich einem Werbesujet für das im Turm befindliche Haus des Meeres. Am Freitag erscheint die letzte gedruckte Tagesausgabe der im Besitz der Republik befindlichen "Wiener Zeitung". Eine Zeitung, in der schon Carl Menger - der Begründer der Österreichischen Schule der Nationalökonomie - vor seiner Berufung an die Universität Wien als Mitarbeiter der Presseabteilung des k.k. Ministerratspräsidiums Beiträge zu wirtschaftlichen Themen verfasste.

Die österreichische Schule ist nicht für einen stark ausgeprägten Staatsglauben bekannt. Auch findet man in den westlichen Demokratien des 21. Jahrhunderts so gut wie keine vom Staat betriebenen Tageszeitungen. Dass also bei der "Wiener Zeitung" Handlungsbedarf bestehen würde, ist länger bekannt. Mit der nun getroffenen Entscheidung stellt die Regierung den redaktionellen Teil der Tageszeitung ein. Nicht verzichtet wird auf eine Content-Agentur des Bundes sowie auf die Ausbildung von Journalisten. Details hierzu kennt man noch wenige, lediglich das aus Steuergeld finanzierte Jahresbudget von 6 Millionen Euro steht fest. Ein Großteil der Redaktion wird entgegen den politischen Ankündigungen entlassen; die an den Umbauplänen aktiv beteiligte kaufmännische Leitung bleibt im Amt.

Das Ende der "Wiener Zeitung" ist nur eine Episode in Österreichs stark auf kommerzielle Aspekte ausgerichteter Medienpolitik. Während in anderen Ländern staatliche Eingriffe in den Medienmarkt auf Basis der Theorie des Marktversagens begründet werden, spielen entsprechende Überlegungen hierzulande kaum eine Rolle. Welche Aufgabe ein öffentlich-rechtlicher Rundfunk in der Gesellschaft einnehmen soll und wie sich seine nicht-marktfähigen Angebote von marktfähigen Programminhalten der Privatunternehmen sinnvollerweise abgrenzen, wird beispielsweise viel zu selten diskutiert. Somit verwundert es auch nicht, dass die Generaldirektoren dieser öffentlich-rechtlichen Stiftung den Rundfunk gemeinhin als Unternehmen bezeichnen und freitagabends prominente Persönlichkeiten über das Parkett tanzen lassen.

Die Medien- und Presseförderung von privaten Medienunternehmen ist kaum nach deren gesellschaftlichem Mehrwert und zur Behebung von Marktversagen ausgerichtet. Die Reichweite von Medien wird viel zu stark gewichtet. Gleichzeitig spielen in der österreichischen Medienfinanzierung die kaum an Vorgaben gebundenen Inseratenbudgets der öffentlichen Hand eine oftmals wichtigere Rolle als die Medien- und Presseförderung. Vor allem auf den ersten Blick ökonomisch nicht ertragreiche Geschäftsmodelle wie Gratistageszeitungen steigen bei dieser Inseratenpolitik besonders gut aus. Begründet wird das im internationalen Vergleich einzigartige Dauerschalten von Inseraten mit einem gesellschaftlichen Informationsbedürfnis. Ob wirklich jedes Sujet dieses Bedürfnis stillt, bleibt ein österreichisches Rätsel. Wobei, in Wahrheit eigentlich auch wieder nicht. Adieu, "Wiener Zeitung", "im Frieden der Nacht".