Im Jemen tobt ein gnadenloser Bürgerkrieg.
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Wien. Im Jemen tobt ein erbittert geführter Bürgerkrieg mit internationaler Beteiligung, doch im Westen ist wenig darüber bekannt. Yehia Khalil, Koordinator des Roten Kreuzes für den Nahen und Mittleren Osten, kennt den Konflikt und die humanitäre Lage im Land genau. Die "Wiener Zeitung" hat mit ihm gesprochen. "Der Jemen ist seit jeher bitterarm, ohne Bodenschätze, schon vor dem Ausbruch des derzeitigen Bürgerkriegs war die Hälfte der Bevölkerung von internationaler Hilfe abhängig", erklärt Khalil.
Seit Jahrzehnten gibt es dort Kriege mit wechselnder Beteiligung. Jetzt bekämpfen einander die schiitischen Houthi-Rebellen, die von Iran und dem gestürzten jementischen Langzeit-Herrscher Ali Abdullah Saleh unterstützt werden, und eine arabische Koalition mit Saudi-Arabien an der Spitze. Der Feldzug der Koalition läuft unter dem Namen "Restoring Hope" und hat unzähligen Zivilisten das Leben gekostet.
Zunächst versuchte die arabische Koalition die Houthis allein mit Luftschlägen zurückzudrängen. Mittlerweile sind Bodentruppen aus Saudi-Arabien, aus den Emiraten - hier bedient man sich offenbar Söldnern aus Südamerika - und Soldaten aus dem Sudan am Werk. Erstes Ziel war die Rückeroberung der südlichen Hafenstadt Aden. Nach heftigen Kämpfen, die fast drei Monate andauerten, konnten die Houthi-Kämpfer dort im Juli des vergangenen Jahres vertrieben werden.
Mittlerweile haben sich die Kämpfe in das Umfeld der strategisch wichtigen drittgrößten Stadt des Jemen, Taiz, verlagert. Sie liegt an der Straße zwischen Aden und der Hauptstadt Sanaa, wo ebenfalls die Houthi-Rebellen das Sagen haben. "Seit sechs Monaten wird ununterbrochen um Taiz gekämpft", so Khalil. "Es gibt Luftschläge, Raketenangriffe - die Zerstörungen sind beträchtlich."
Viele flüchten aus Taiz, es herrsche große Not, sagt Khalil. Auch in Marib und Al-Jawf kämpfen Bodentruppen, Gefechte gibt es zudem auf saudischem Territorium, wohin die Houthis immer wieder Vorstöße wagen - um den Feind zu provozieren. Verkompliziert wird der Konflikt dadurch, dass die Armee zum Teil auf Seiten des gestürzten Präsidenten Saleh kämpft und zum Teil dem aktuellen Präsidenten Abd Rabbo Mansour Hadi loyal ist - der mit der saudischen Koalition gegen die Houthis kämpft. Dazu kommt, dass Stammesführer jeweils auf der einen oder anderen Seite stehen. Der Osten des Landes ist in den Händen der Al-Kaida.
Flucht nach Somalia
Die Zivilbevölkerung zahlt die Zeche und braucht Hilfe. Doch das Rote Kreuz kommt nicht nach Taiz durch, erklärt Khalil. "Es fehlt an Nahrungsmitteln, Wasser und vor allem an medizinischer Betreuung." Viele Spitäler seien durch Angriffe zerstört. "Tausende flüchten nach Somalia oder Dschibuti", weiß Khalil. Länder, die selbst unter Armut und Instabilität leiden.