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Anerkennung als Religionsgemeinschaft verzögert sich. | Wien. Erst Sekte, dann Bekenntnisgemeinschaft, zuletzt Religionsgemeinschaft: So verläuft die "Karriere" einer Glaubensgemeinschaft in Österreich. Eine davon - die Zeugen Jehovas - sollte eigentlich schon am Ziel sein. Doch nun zögert das zuständige Kultusamt im Unterrichtsministerium die schon überfällige Anerkennung hinaus. Sehr zum Ärger von Jehovas Zeugen, die den Status einer Religionsgemeinschaft seit 30 Jahren anstreben.
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Zehn Jahre waren die Zeugen Jehovas eine Bekenntnisgemeinschaft und damit rechtlich gesehen ein Verein mit gesondertem Status. Um eine Religionsgemeinschaft und damit Körperschaft öffentlichen Rechts zu werden, gingen die Zeugen Jehovas zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der am 31. Juli 2008 Österreich wegen seiner Untätigkeit verurteilte. Als "empfindliche Niederlage für Österreich", bezeichnet Richard Potz, Vorstand des Instituts für Religionsrecht an der Uni Wien, diese Entscheidung.
Bis zum 11. Jänner hätte das Kultusamt Zeit für die Anerkennung gehabt, doch wieder ist nichts geschehen. "Die Säumigkeit der österreichischen Entscheidungsträger ist für uns nicht nachvollziehbar", meint dazu Johann Zimmermann, Sprecher von Jehovas Zeugen in Österreich. Offizielle Begründung ist, dass ein Begutachtungsverfahren durch Vertreter anderer Religionsgemeinschaften noch aussteht: "Das wurde bislang immer so gehandhabt", heißt es aus dem Büro von Unterrichtsministerin Claudia Schmied.
Potz kann dem nichts abgewinnen. "Das ist in Wahrheit noch nie geschehen. Im Übrigen halte ich die Idee, andere Religionsgemeinschaften zu befragen, für verfassungswidrig. In Strassburg wird das nicht halten." Unverständnis herrscht auch bei Reinhard Kohlhofer, dem Verteidiger der Zeugen Jehovas: "Das ist ein weiterer Schritt zur Verschleppung. Die Behörde hat die Anerkennung auszusprechen, wenn alle gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Meinung anderer Religionsgemeinschaften hierzu ist völlig irrelevant."
Die Zeugen Jehovas kündigten an, die Fakten dem Ministerkomitee des Europarates vorzulegen. Ein weiterer rechtlicher Schritt wäre eine Säumnisbeschwerde beim Verwaltungsgerichtshof.