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Ziel: Vollbeschäftigung und Schuldenabbau

Von Brigitte Pechar

Politik

Zwei große Ziele der Bundesregierung, Vollbeschäftigung und Schuldenstopp, wurden am Freitag beim Reformdialog außer Streit gestellt. Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat erstmals konkrete Einsparungsziele genannt, nämlich 268 Mrd. Schilling bis 2003. Über das Wie herrscht zwischen der Regierung, den Interessenvertretern, den Vertretern der Wirtschaft, der Gebietskörperschaften und Experten noch Uneinigkeit.


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Vollbeschäftigung und Schuldenstopp seien das Leitbild, "an dem wir uns orientieren wollen", erklärte Bundeskanzler Wolfgang Schüssel in einer Pressekonferenz im Anschluss an den dreieinhalb-stündigen Reformdialog zwischen der Regierung, Ländervertretern, den Sozialpartnern und Experten. 2002 soll ein Nulldefizit erreicht werden, das laut Schüssel "dauerhaft" sein soll. Dieses Ziel sei im Grundsatz nicht in Frage gestellt worden. "Jetzt brauchen wir acht bis neun Wochen, um diese Maßnahmen präzisieren zu können", sagte der Bundeskanzler.

Vizekanzlerin Susanne Riess-Passer sieht zwar Reformbereitschaft bei allen, sie sei aber nicht zu einem "Kompromiss um jeden Preis" bereit. Besonders wichtig ist ihr die "Verringerung der Diskrepanzen zwischen geschütztem und ungeschützem Bereich".

Der Finanzminister erläuterte die Eckpunkte auf dem Weg zu einem ausgeglichenen Budget: Einsparungen von 59 Mrd. Schilling im Jahr 2001, um auf ein nationales Budgetdefizit von 1,3% des BIP zu kommen. Im Jahr 2002 sind weitere 103 Mrd. Schilling notwendig, um ausgeglichen budgetieren zu können, 2003 sind weitere 106 Mrd. Schilling erforderlich, um das Nulldefizit zu halten. Diese Berechnungen erfolgten auf Basis des Budgetvoranschlages 2000 und der jüngsten Wirtschaftswachstumsprognosen. Eingeschlossen ist auch die Lohnnebenkostensenkung (15 Mrd. Schilling). Nicht berücksichtigt sind bereits beschlossene Maßnahmen wie der Abbau von 9.000 Beamten plus weiteren 4.000 Bediensteten in nach- oder ausgelagerten Dienststellen, die Pensionsreform, Fondsabschöpfungs- und Finanzausgleichsziele.

Auch über den Weg dorthin hat Grasser schon konkrete ´Vorstellungen, wollte diese aber nur grob nennen. Wichtigste Einsparungskapitel sind Pensionen, Verwaltung, Schulden, Fonds sowie die Treffsicherheit von Sozialleistungen.

Klar sind die Einsparungen bei den Pensionen (im kommenden Jahr 4,3 Mrd. Schilling, 9,8 Mrd. im Jahr 2002 und 15,8 Mrd. 2003). Enorme Einsparungen müssen durch eine Verwaltungsreform und den Abbau von Bediensteten hereingebracht werden. Geschätzt wird hier ein Einsparungspotential von etwa 25 Mrd. Schilling, was aber beim Reformdialog nicht bestätigt wurde.

Wie insgesamt vom Finanzminister nur eine einzige Zahl genannt wurde. Die Länder und Gemeinden sollen künftig nicht einen Budgetüberschuss von 0,5% - wie bisher - beitragen, sondern 1%, wie der Finanzminister der "Wiener Zeitung" bestätigte. Die 0,5% mehr will der Finanzminister schriftlich fixieren. Zu Grassers Plänen gehört auch ein Schuldenmanagement, sprich, es müssen Schulden zurückgezahlt werden, um den Schuldendienst zu verringern.

Das wird vor allem vom Vorsitzenden des Staatsschludenausschusses Helmut Frisch vorgeschlagen: "Meiner Meinung nach kann man die Zinsenbelastung nur senken, wenn man das Niveau der Staatsschulden durch diskretionäre Maßnahmen senkt." Solche Vermögensverkäufe sollten aber nicht auf Bundesvermögen beschränkt bleiben. Frisch schlug ein koordiniertes Vorgehen von Ländern und Gemeinden mit dem Bund vor. Ein Verkaufsvolumen von 150 Mrd. Schilling für Bund, Länder und Gemeinden würde jedenfalls den Zinsendienst um 9 Mrd. bis 10 Mrd. Schilling reduzieren. Frisch ist davon überzeugt, dass ein Nullbudget erreichbar ist, aber: "Ein Problem des neuen Programmes sehe ich darin, dass das ganze Gewicht der Konsolidierung auf ein Jahr, nämlich das Jahr 2002, gelegt wird."

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl wünscht sich dass Frisch in zwei Jahren nicht mehr Vorsitzender des Staatsschuldenausschusses, sondern eines Staatsüberschussausschusses" ist. Er regte ein europäisches benchmarking an. Man solle sich anschauen, wie jene Staaten mit einem Budgetüberschuss ihren Staatshaushalt saniert hätten. Viel erhofft sich Leitl von einer Bundesstaatsreform. Wifo-Chef Helmut Kramer hatte hier ein Potential von 50 Mrd. bis 70 Mrd. Schilling geortet.

ÖGB-Präsident Fritz Verzetnitsch betonte, dass die Arbeitnehmer bereits eine große Vorleistung zum Budget erbracht hätten, er bekannte sich dennoch zum neuen Ziel: "Es wird niemand Vernünftigen geben, der sagt, Defizitabbau ist kein Ziel." Allerdings wartet der ÖGB-Chef noch mit einer Beurteilung der Pläne, da "eine konkrete Definition noch nicht erfolgt ist".

Der burgenländische LH Karl Stix bezweifelt, ob das Ziel schon 2002 erreicht werden kann. "Wenn wir es erst 2003 erreichen, wird das niemanden in Österreich stören."

Der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Helmut Mödlhammer, sieht den Einsparungsspielraum bei den Gemeinden bei Null. Kleingemeinden hätten in der Regel nicht mehr als zwei Bedienstete und auch nichts, das sie verkaufen könnten. Ohne Neustrukturierung der Aufgaben der Gebietskörperschaften und des Bundes ist "nichts drinnen".