Winckler: Nein zu Hahn-Nachfolge. | Breiter politischer Bildungsdialog nötig. | "Wiener Zeitung": Was sagen Sie zu den Studentenprotesten? | Georg Winckler: Es geht um mehrere Punkte, unter anderem um eine gewisse Systemkritik und die allgemeine Befindlichkeit der jungen Generation. Der Punkt, den wir sehr ernst nehmen, ist, dass die bildungspolitischen Ziele nicht mit den zur Verfügung gestellten Mitteln übereinstimmen - damit muss man sich auseinandersetzen.
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Wenn Sie Student wären, würden sie an der Besetzung teilnehmen?
Das kann ich nicht grundsätzlich sagen. Ich war vor vierzig Jahren bei der einen oder anderen Besetzung dabei, habe also Erfahrung - aber man wird ja älter, und (lacht) hoffentlich auch klüger.
Stimmen Sie der Forderung der Studenten "Bildung statt Ausbildung" zu?
Davon bin ich ein leidenschaftlicher Anhänger. Die Universität hat Bildung, allerdings auch Vorbildung, aber nicht Ausbildung zu gewähren. Das wäre auch nicht im Interesse der Gesellschaft. Es geht darum, die Studenten für ein langes Arbeitsleben und ein langes Leben insgesamt auszubilden. Denn je wichtiger Innovation in einer Gesellschaft ist, desto notwendiger ist auch Bildung. Gebildete Menschen akzeptieren Innovationen wie beispielsweise die Europäisierung viel eher als Personen ohne Bildung.
Wie stehen Sie zu Studiengebühren?
Dänemark beispielsweise kennt ein System ohne Studienbeiträge, allerdings mit Zugangsbeschränkungen, das gut ausfinanziert ist. Dort hat man einen Dialog mit der Politik, der von einer breiten Basis getragen war, zustande gebracht. Wichtig ist, dass man immer alle Aspekte im Zusammenhang sieht.
Halten Sie die Forderungen "Keine Studiengebühren" und "freien Unizugang" für überzogen?
Wenn die öffentlichen Mittel hinreichend wären, ist auch ein System ohne Gebühren und Zugangsbeschränkung vorstellbar. Man kann aber nicht sagen, dass die Universitäten aus den öffentlichen Mitteln, die begrenzt sind, gespeist werden sollen und gleichzeitig sehr weite bildungspolitische Ziele formulieren. Das ist, als würde man sagen: Alle dürfen auf der Autobahn fahren, aber ich stelle die Autobahn nicht zur Verfügung.
In welcher Form würden Sie Zugangsbeschränkungen einführen?
Ich bin bereit über diesen konkreten Punkt zu sprechen, wenn man sich politisch über den Gesamtzusammenhang Klarheit verschafft hat. Wenn die Politik deutlich sagt, mehr Geld gibt es nicht, wird man sich bestimmte Maßnahmen überlegen müssen. Wir brauchen einen breiten politischen Dialog. Wir müssen schauen, welchen Stellenwert die Bildung für die Gesellschaft hat, und dann daraus schließen, was im Einzelnen zu tun ist. Auch weil das Bildungssystem für die langfristige Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Finanzierung des Wohlfahrtstaates wichtig ist.
Sind Sie mit den Besetzern in Kontakt?
Wir sind laufend mit der ÖH im Gespräch. Sie sind ja die Studentenvertreter.
Sie sind als neuer Wissenschaftsminister im Gespräch. Reizt Sie der Posten?
Ich bin Rektor der Universität - und das will ich auch bleiben. Den Posten des Wissenschaftsministers schließe ich für mich aus.
Wissenschaftsminister Hahn hat Freitag angekündigt, den Universitäten mehr Geld zur Verfügung zu stellen.
Da muss man über die Höhe reden. Ich bin aber gerne bereit mich in einer Kommission damit auseinander zu setzen, wie viel nötig ist.
Was wir hier haben, sind dort Forderungen und da Forderungen, - und die passen nicht zusammen.