Die Grünen starteten gestern als erste Partei in Österreich ihren EU-Wahlkampf. Grünen-Bundessprecher Alexander Van der Bellen gab als Wahlziel das Erreichen zweier Mandate und das Überholen der FPÖ vor. Spitzenkandidat Johannes Voggenhuber forderte die Spitzenkandidaten der anderen Parteien auf, klar zu sagen, was sie bisher getan haben und welches Europa sie meinen. Listenzweite Eva Lichtenberger warnte davor, sich in den neuen EU-Ländern Feindschaften zu schaffen, indem sie als "Umweltsünder" beschimpft werden. Wichter wäre es, diese Frage wie auch jene des Verkehrs grenzübergreifend zu lösen.
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Im hellen Dachgeschoss der Wiener Urania präsentierten sich die Grünen gelöst und feierlich bei ihrem Wahlkampfauftakt. Der "Einzug der Gladiatoren", wie es noch EU-Abgeordnete Mercedes Echerer kommentierte, fand zur Begleitung einer Jazz-Band statt.
Van der Bellen würdigte die bisherige Arbeit von Voggenhuber, der seit 1995 Grüner EP-Mandatar ist. Von Wertschätzung war die Rede. Darüber vergaß Van der Bellen aber auch nicht, "die kleinen Scharmützel, die wir nebenbei auch haben" zu erwähnen. Gemeint ist etwa deren Auseinandersetzung über die Neutralität.
Klar abgesteckt wurden die Wahlziele: Halten der zwei Mandate. Das klinge wenig ambitioniert, sei aber angesichts der Reduktion der Zahl der österreichischen Mandate von 21 auf 18 gar nicht so einfach. Etwa elf Prozent wären dafür notwendig, sagte Van der Bellen: "Das bedeutet, dass wir das beste Ergebnis, das wir auf nationaler Ebene je hatten, erreichen müssen." Und der Vorsprung der FPÖ - 14 Prozentpunkte bei der EU-Wahl 1999 - soll auf Null reduziert werden: "Wir wollen die FPÖ überholen."
Voggenhuber hob hervor, dass das EU-Parlament die einzig demokratisch legitimierte Institution auf europäischer Ebene ist. Zu befürchten sei, dass die EU-Abgeordneten Schläge für etwas bekommen, wofür sie nicht verantwortlich seien - Voggenhuber spielte damit auf die zu erwartende niedrige Wahlbeteiligung an.
Eine Abrechnung mit der Regierung durfte nicht fehlen. Deren Bilanz in Brüssel sei "desaströs". Vor allem bei der Diskussion um die Neuorganisation habe die Regierung den "nationalistischen Dampfhahn" aufgedreht und einen Kommissar pro Land verlangt und damit die Chance auf Mehrheitsentscheidungen vertan. Und für Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bedeute Europa ohnehin nur den kürzest möglichen Umweg in die NATO.
All das müsse im Wahl-kampf klar ausgesprochen werden. Die übrigen Spitzenkandidaten sollten klar sagen, wofür sie stehen und welches Europa sie wollen, forderte Voggenhuber. Lichtenberger plädierte dafür, Fragen wie Verkehr, Umwelt und Atomenergie auf europäischer Ebene zu diskutieren. Europa dürfe nicht zu einer Freihandelszone nach neoliberalem Vorbild verkommen, sondern müsse ein soziales, fried-liches und demokratisches Europa werden.