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Zielwasser im Visier

Von Petra Tempfer

Politik

Grüne und Neos fordern ein gesetzlich geregeltes Alkoholverbot für die Jagd. Zuletzt wurde ein Treiber von einem Jäger tödlich getroffen.


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Wien. Dass der Jägermeister Jägermeister heißt, liegt nahe. Curt Mast, der Erfinder des bekannten Kräuterlikörs, war selbst begeisterter Jäger. Der Flachmann im grünen Jackett der Waidmänner ist mittlerweile legendär. Das mag freilich ein veraltertes Vorurteil sein. Seit zu Beginn dieses Monats ein Treiber im Bezirk Hollabrunn durch ein durch Äste abgelenktes Projektil eines Jägers am Kopf schwer verletzt worden ist, ist allerdings eine Diskussion um eine Neuregelung der Landesjagdgesetze entflammt. Der Österreichische Tierschutzverein fordert ein gesetzlich geregeltes Alkoholverbot bei der Jagd, die Innung der Augenoptiker verpflichtende Sehtests für Jäger in regelmäßigen Abständen.

Und auch vonseiten der Politik kommen deutliche Signale, die die aktuelle Regelung der Jagd als veraltert abstempeln. Grüne und Neos sind für eine Gesetzesänderung, in der ein Alkoholverbot bei der Jagd verankert ist. "Der Gebrauch einer Waffe ist gefährlich, daher sollte man sie ganz klar nüchtern verwenden", sagt etwa Albert Steinhauser, Justizsprecher der Grünen. Auch die Neos können sich "jedenfalls vorstellen, ein Alkoholverbot wie beim Autofahren - also 0,5 Promille - einzuführen", heißt es auf Nachfrage der "Wiener Zeitung".

Geschlossene Ablehnunggegen Sehtests

Gegen eine Überreglementierung in diesem Zusammenhang sprechen sich indes ÖVP, FPÖ und Team Stronach aus. "Klar ist, dass es an jeder einzelnen Jägerin und jedem einzelnen Jäger liegt, für ein Maximum an Sicherheit bei der Jagd zu sorgen", heißt es etwa von der ÖVP. "Eine überschießende Regulierungswut wird tragische Unfälle nicht verhindern", meint die FPÖ.

Regelmäßige, verpflichtende Sehtests lehnen die Parteien indes geschlossen ab. In diesem Punkt sei auf die Eigenverantwortung der Jäger zu setzen. Aktuell ist es so, dass für die Verlängerung der Jagdkarte lediglich der Erlagschein von etwas mehr als 100 Euro jährlich eingezahlt werden muss. Allein für den Ersterwerb ist eine Jagdprüfung mit Theorie- und Praxisteil erforderlich. Österreichweit sind rund 120.000 Jahresjagdkarten im Umlauf.

Die Jägerschaft kann die gesamte Aufregung nicht verstehen. Ähnlich wie beim Skifahren gibt es zwar bei der Jagd keine gesetzlich geregelte Promillegrenze - "bei einer Jagdveranstaltung wird aber niemand Alkohol anbieten, bevor die Jagd zu Ende ist", sagt der Generalsekretär der Zentralstelle der Landesjagdverbände, Peter Lebersorger, zur "Wiener Zeitung". Allerdings könne man freilich nicht verhindern, "dass jemand einen Flachmann dabei hat und drei Stamperl trinkt". Lebersorger setzt dabei auf Eigenverantwortung. Jeder Jäger müsse sich bewusst sein, dass -falls es zu einem Unfall kommt - die Menge Alkohol im Blut sehr wohl entscheidend für ein Gerichtsurteil sein kann.

Generell gebe es klare Unfallverhütungsvorschriften für die Jagd. Darin sei auch ein Alkoholverbot verankert. "Zu einem Bier sagt keiner etwas", ergänzt Georg Brandl, Präsident des Bundes Österreichischer Jagdvereinigungen. "Aber wenn einer ein Achterl nach dem anderen oder harte Sachen trinkt, wird er von den anderen Jagdleuten angehalten, das Gewehr zu brechen - also die Jagd abzubrechen", erzählt der passionierte Jäger aus der Praxis.

Von einem gesetzlich geregelten Alkoholverbot hält die Jägerschaft daher wenig. Eine einheitliche Regelung wäre auch äußerst schwierig, da es österreichweit neun Landesjagdgesetze gibt. Regelmäßige, verpflichtende Sehtests für die Verlängerung der Jagdkarte lehnt Lebersorger ebenfalls ab. Er hält die Forderung der Augenoptiker für pure Geschäftemacherei. Jeder Jagdkartenbesitzer werde alle drei Jahre eingeladen, auf freiwilliger Basis ein Übungsschießen zu absolvieren, wodurch automatisch die Sehtauglichkeit kontrolliert werde. Dieser Einladung kommen laut Lebersorger "nahezu alle Jäger nach".

Jagdunfälle mitTodesopfern selten

Jagdunfälle mit Todesopfern sind selten. Lebersorger spricht von einem Toten alle zehn Jahre. Verletzte gibt es allerdings jedes Jahr. Der Austria Presse Agentur zufolge gab es im Vorjahr drei Jagdunfälle mit einem Todesopfer: Damals war es ebenfalls ein Treiber, der von einem 55-jährigen alkoholisierten Jäger erschossen worden ist. Ein anderer Jäger hatte im selben Jahr auf einen Hasen gezielt und einen Kollegen getroffen, der schwer verletzt wurde und sich danach im Wachkoma befand. 2012 gab es sieben Jagdunfälle und mehrere Schwerverletzte.

Um das Unfallrisiko zu senken, sind Jäger heute nicht mehr so wie früher im traditionellen, dunkelgrünen Zwirn unterwegs. Mittlerweile tragen sie Warnwesten, wie man sie aus dem Straßenverkehr kennt. "Dem Wild ist das ohnehin egal", sagt Präsident Brandl, "das sieht nur schwarz-weiß."