US-Forscher haben mit dem Erreger Glioblastom-Stammzellen zum Verschwinden gebracht.
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St. Louis/Wien. Das Zika-Virus ist dafür bekannt, dass es im Gehirn von Ungeborenen verheerende Schäden hervorruft. Denn Zika tötet neuronale Stammzellen, aus denen sich Gehirnzellen entwickeln. Die Folge ist die sogenannte Mikrozephalie, die aufgrund eines Minderwuchses des Kopfes etwa zu geistigen Beeinträchtigungen führt. Diese Eigenschaft des unter Schwangeren gefürchteten Erregers könnte nun allerdings Menschen mit einer bestimmten Art von Gehirntumor zugutekommen, wie Wissenschafter im "Journal of Experimental Medicine" berichten.
Das sogenannte Glioblastom gilt als der bösartigste Hirntumor und ist derzeit nicht heilbar. In Österreich erkranken jährlich rund 400 Menschen daran. Die Standardbehandlung ist mit Chemotherapie und Bestrahlung sehr aggressiv, doch die meisten Tumore bilden sich innerhalb von sechs Monaten wieder nach. Eine kleine Population an Zellen, bekannt als Glioblastom-Stammzellen, überleben nämlich den Angriff, beginnen sich zu teilen und produzieren damit neue Tumorzellen, die an die Stelle der vormals getöteten rücken. Jüngste Forschungen zeigen nun, dass die tödliche Kraft des Zika-Virus direkt zu diesen hartnäckigen Krebsstammzellen gelenkt werden könnte, erklärt Michael S. Diamond von der Washington University School of Medicine.
Seine Forschergruppe führte mehrere Versuche durch. Einerseits infizierten sie entnommene Glioblastom-Tumore im Labor mit dem Zika-Virus - mit dem Ergebnis, dass diese sich durch das Geschwür streuten und nur die Krebsstammzellen abtöteten. Auch in Mäusen führte der Einsatz des Erregers zu einem Erfolg. Die Tumore der Tiere bildeten sich im Vergleich zu einem Placebo innerhalb von zwei Wochen signifikant zurück, zudem überlebten die behandelten Mäuse wesentlich länger, heißt es in der Publikation.
Neue Kombitherapie
"Eines Tages könnte Zika in Kombination mit der herkömmlichen Therapie angewendet werden, um den gesamten Tumor zu beseitigen", freut sich der Neuroonkologe Milan G. Chheda. Denn: "Es ist so frustrierend, einen Patienten so aggressiv wie möglich zu behandeln, um dann zu sehen, dass der Tumor nur innerhalb weniger Monate wieder zutage tritt."
Der Erreger müsste allerdings direkt ins Gehirn injiziert werden - am besten während der operativen Entfernung des Primärtumors, erklären die Forscher. Würde es nämlich anderwärtig in den Körper eingebracht werden, stünde das Immunsystem blitzartig Gewehr bei Fuß, um es wegzufegen. Für das Gehirn des Erwachsenen bestünde dabei keine Gefahr, so die Wissenschafter weiter, denn bei Feten zerstört Zika vorwiegend die sogenannten Vorläuferzellen, die für das Wachstums des Gehirns eine wesentliche Rolle spielen. Erwachsene hingegen besitzen nur noch einen sehr geringen Anteil solcher Vorläuferzellen, erklären die Forscher.
In weiteren Studien haben sie sich auch vergewissert, dass das Virus keine gesunden Gehirnzellen infiziert. Das Team um Diamond hofft nun, dass seine Arbeit ein erster Schritt in der Entwicklung von Zika-Therapien in der Neuroonkologie sein könnte.