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Zika-Virus tötet graue Zellen

Von Eva Stanzl

Wissen

US-Neurologen bestätigen: Erreger greift neuronale Stammzellen in der Hirnrinde an.


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Baltimore/Wien. US-Forscher haben nachgewiesen, dass das in Südamerika grassierende Zika-Virus neuronale Stammzellen des Gehirns infiziert. "Unsere Studie beweist nicht definitiv, dass das Zika-Virus Mikrozephalie direkt verursacht. Aber es ist ziemlich aussagekräftig, dass gerade Zellen, die die Hirnrinde bilden, für das Virus anfällig zu sein scheinen und dass der Erreger ihr Wachstum stört", erklärt Studienautor Guo-li Ming, Professor für Neurologie der Johns Hopkins Universität in Baltimore, im Fachmagazin "Cell Stem Cell".

Die Hirnrinde (Cortex) ist eine Ansammlung von Nervenzellen, die sich als dünne Rindenschicht am äußeren Rand des Groß- und Kleinhirns befindet. Sie enthält vornehmlich "graue Nervenzellen" an der Oberfläche des Denkorgans. Unter einer Mikrozephalie versteht man eine Fehlbildung beim Menschen, bei der der Kopf eine vergleichsweise geringe Größe hat. Gründe hierfür kann eine Fehlentwicklung des Gehirns sein. Mikrozephalie geht oft mit einer geistigen Behinderung einher.

Die bestätigten Fälle von Schädelfehlbildungen bei Babys, deren Mütter sich während der Schwangerschaft mit dem (für Erwachsenen wenig gefährlichen) Zika-Virus infiziert haben, haben sich in Brasilien in den vergangenen zwei Wochen verdoppelt. In 82 von 641 bestätigten Mikrozephalie-Fällen sei bei den Müttern eine Zika-Ansteckung nachgewiesen worden, berichtet das Gesundheitsministerium in Rio. Weitere 4222 Verdachtsfälle werden untersucht.

Eingriff in die Zellfunktion

Die Forscher der Johns Hopkins Universität und der Florida State University wollten herausfinden, wie das Zika-Virus die Gehirnzellen von Föten befallen könnte. Grundlage ihrer Untersuchungen sind Tests an induzierten pluripotenten Stammzellen (iPS-Zellen). Bei dem nobelpreisgekrönten Verfahren werden menschliche Körperzellen, etwa aus Haut, Leber oder Niere, zu embryonalen Stammzellen zurückgezüchtet. Embryonale Stammzellen sind so etwas wie der Anfang des Lebens, weil sich aus ihnen alle Arten von Körperzellen bilden können - und in diesem Experiment neuronale Stammzellen.

Das iPS-Verfahren macht es möglich, die menschliche Zellentwicklung live im Labor mitzuverfolgen. Die Forscher infizierten die Zellkultur mit dem Zika-Virus und beobachteten, dass der Erreger genau jene Zellen befällt, die sich während der Schwangerschaft zum Cortex herausbilden. Die Zellen teilten sich seltener und starben öfter ab. Das Virus würde binnen drei Tagen nach der Infektion zuschlagen. Infizierte Zellen würden zu Virenzellen und würden sich auch als solche teilen. Für die Therapie könnte das laut den Forschern ein Problem darstellen, zumal der Erreger in die Zellfunktion eingreift.