Für das Jahr 2023 rechnen die Ökonomen mit einem Wachstum von 0,3 beziehungsweise 0,5 Prozent. Erst im Jahr 2027 soll die Inflation wieder rund um die erwünschten zwei Prozent liegen.
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"Es ist eine schwarze Null, kein rotes Minus", fasst der Chef des Wirtschaftsforschungsinstitutes (Wifo) die Situation der heimischen Wirtschaft in der am Mittwoch vorgestellten Konjunkturprognose zusammen. Diese befindet sich laut Gabriel Felbermayr und dem scheidenden Chef des Institutes für höhere Studien (IHS), Klaus Neusser, in einer Stagnationsphase. Im laufenden Jahr soll sich das reale Wirtschaftswachstum auf 0,3 beziehungsweise 0,5 Prozent belaufen, die Inflation bei 7,5 Prozent liegen. Auch rechnen die Ökonomen damit, dass es noch Jahre - bis 2027 - dauern wird, bis die Teuerung rund um die erwünschte Inflationsrate von 2 Prozent zurückkehrt. In puncto Beschäftigung rechnen Felbermayr und Neusser hingegen nur mit einem minimalen Anstieg der Arbeitslosenrate.
Verantwortlich für die geringen Wachstumsaussichten seien demnach die steigenden und langfristig höheren Zinsen sowie große Unsicherheiten im Hinblick auf private Investitionstätigkeiten, die der russische Angriffskrieg in der Ukraine ausgelöst hat. Neusser, dem per 1. Juli der deutsche Ökonom Holger Bonin nachfolgt, sieht aufgrund der Corona-Pandemie und des Ukraine-Krieges "eine Verschiebung des langfristigen Wachstumspfads in Österreich nach unten". Wifo-Direktor Felbermayr geht sogar noch weiter und fordert die Regierung zum Handeln auf. Er sieht "einen Reformstau in Österreich" und es wäre "an der Zeit das Steuersystem zu überdenken".
Einer Rezession in der Industrie, die vor allem mit den hohen Energiekosten zusammenhängt, stehen laut Wifo Wertschöpfungszuwächse im Dienstleistungssektor gegenüber. Österreich liege besser als Deutschland, das in einer technischen Rezession stecke (ein Minus von 0,4 Prozent), aber nur halb so gut wie der Euroraum (ein Plus von 0,6 Prozent).
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Anders als Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sehen die beiden Top-Ökonomen keine Lohn-Preis-Spirale, wenn es nach der Lehrbuchdefinition dieser geht. "Im Jahr 2022 waren es ganz sicher nicht die Löhne, die wurden damals ja noch verhandelt. 2024 werden die Löhne eine sehr viel größere Rolle spielen, sie treiben nämlich jetzt die Kosten der Unternehmen und die werden weitergegeben, allerdings nicht eins zu eins, sondern nur zum Teil", sagte Felbermayr.
Streiten könne man in dieser Frage aber über das aktuelle Jahr. "Da gibt es eine Korrelation zwischen der hohen Inflation und der Zuwächse der Gewinne der Unternehmen Das ist aber kein kausaler Zusammenhang, sondern eine Korrelation", so der Wifo-Chef. Auf Mikroebene müsse man jedoch untersuchen, ob die Margen der Unternehmen dadurch gestiegen seien. "Das zeigt eine Studie aus Belgien. Ob das in Österreich auch so ist, müsste man empirisch untersuchen", betonte Felbermayr.
Wifo für Preisdeckelung bei Landesenergiekonzernen
Beide Ökonomen sprachen sich zudem für Preiseingriffe bei Energieunternehmen aus, die im Besitz der öffentlichen Hand stehen. "Weil die Eigentümer meist Gebietskörperschaften sind", sei dies marktwirtschaftlich legitim. In puncto Preispolitik soll es künftig, wenn es nach Neusser geht, auch vorbei sein damit, dass "das genau gleiche Produkt in Deutschland um mehr als 10 Prozent billiger ist. Das liegt eben daran, dass viele Konzerne ,pricing to the market‘ betreiben und das gilt es langfristig abzustellen beziehungsweise einen dementsprechenden Wettbewerb aufzubauen", sagt der IHS-Chef.
Damit ein solcher Wettbewerb innerhalb einer noch lebenswerten Umwelt stattfindet, braucht es laut Felbermayr die richtigen Rahmenbedingungen, um Investitionen in emissionsparende Technologien zu tätigen: "Da geht es nicht nur um die preislichen Anreize, sondern auch um genehmigungs- und verfahrensrechtliche Erleichterungen."