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Zittern unter der Elite Bangladeschs

Von Klaus Huhold

Politik

Militär geht gegen Korruption vor. | Nobelpreisträger Yunus erwägt Parteigründung. | Dhaka/Wien. Die Töne vom Bangladeschs Militärchef Moeen U Ahmed sind martialisch: "Wer sich auch der Korruption schuldig gemacht hat -Politiker, Manager oder Bürokrat - wird nicht verschont bleiben. Listen von korrupten Elementen sind erstellt und der Prozess wird fortgesetzt."


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Der Prozess, von dem der General spricht, ist eine Verhaftungswelle, die die Elite unter den 147 Millionen Einwohnern erschüttert. So wurden schon zumindest neun der Korruption beschuldigte ehemalige Minister festgenommen. Auf der von Ahmed angesprochenen Liste sollen sich viele ehemalige Parlamentarier befinden. Die Beschuldigten werden jedoch oft ohne Anklage auf unbestimmte Zeit in Gewahrsam genommen.

Denn die Grundrechte sind ausgesetzt, seit 11. Jänner gilt der Ausnahmezustand. Auf Drängen der Generäle griff Präsident Iajuddin Ahmed zu dieser Maßnahme. Der Schritt wurde mit den gewalttätigen Protesten im Zuge der zunächst für 22. Jänner anberaumten Wahlen begründet. Der Übergangsregierung steht nach dem Rücktritt Iajuddin Ahmeds zwar der ehemalige Direktor der Zentralbank, Fakhruddin Ahmed, vor. Doch ist das Militär der wahre Machthaber.

Dieses versprach möglichst bald den Weg für Wahlen frei zu machen - doch blieb es bis heute ein konkretes Datum schuldig. Zuerst müsse die Wahlkommission entpolitisiert und die Wahllisten von 14 Millionen Phantomwählern gereinigt werden. Zudem will die Armee den Ausnahmezustand dazu nutzen, mit der von ihr als größtes Übel des Landes bezeichneten Korruption aufzuräumen.

Tatsächlich liegt Bangladesch im Korruptionsindex von Transparency International an 156. Stelle und lässt damit in Asien nur noch den Irak hinter sich. Doch nicht nur die Korruption plagt das Land, sondern auch die erbitterte Feindschaft zwischen den beiden Großparteien, der Awami-Liga und der Bangladesh Nationalist Party (BNP). Sie brach Anfang Jänner wieder aus. Die oppositionelle Awami-Liga warf der regierenden BNP vor, die kommenden Wahlen manipulieren zu wollen. Zumindest 45 Menschen verloren bei Auseinandersetzungen ihr Leben.

Erbitterte Rivalinnen

Getragen wird diese Feindschaft von den beiden Parteichefinnen, Khaleda Zia der BNP, und Sheikh Hasina der Awami-Liga. Hasina ist die Tochter von Staatsgründer Mujibur Rahman. Dieser wurde 1975 während eines Militärputsches ermordet. Hasina beschuldigt den Mann ihrer Rivalin, den Putschgeneral und Präsidenten Zia-Ur Rahman, an der Bluttat beteiligt gewesen zu sein. Dieser wurde 1981 selbst getötet. Seine Frau macht die Awami-Liga dafür verantwortlich.

Zia und Hasina lösten sich seit 1991 immer wieder gegenseitig an der Regierungsspitze ab. Die regierende Partei besetzte die Ämter mit ihren Günstlingen, die oppositionelle rief zu Generalstreiks auf. Wenn es hart auf hart ging, griff man auf Schlägertrupps zurück.

Beobachtern zufolge sehen deshalb viele Bangladeschis den Militärcoup als das kleinere Übel an als Wahlen unter der zuletzt aufgeheizten Stimmung. Gleichzeitig gibt es aber Befürchtungen, dass das Militär immer wieder neue Vorwände findet, den Ausnahmezustand beizubehalten. Denn die Armee putschte sich in der Geschichte des Landes schon öfters für längere Zeit an die Macht.

Zuletzt wurde jedoch der Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus als Hoffnungsträger genannt. Tatsächlich erwägt dieser nun die Gründung einer Partei, "um das Land neu aufzubauen".