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Zitterpartie für Fraga in Galicien

Von Rainer Mayerhofer

Politik

Nach dem vorläufigen Endergebnis der Regionalwahlen in der nordwestspanischen Region Galicien hat der bisherige konservative Regierungschef Manuel Fraga die seit 16 Jahren gehaltene absolute Mehrheit knapp verfehlt. Die Volkspartei PP bekam nur 37 der 75 Sitze, 4 weniger als bei den Wahlen im Jahr 2001. Fraga hofft aber, dass die rund 70.000 Stimmen der Auslandswähler, die bis zum 27. Juni ausgezählt werden, doch noch für ein 38. Mandat reichen.


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Mit 44,9 Prozent ist die PP in Galicien zwar noch immer die stärkste Partei, büßte aber gegenüber 2001 sechs Prozent ein. Die galicischen Wähler erteilten ihrem Langzeit-Regierungschef, der am 23. November 83 Jahre alt wird und schon unter Diktator Franco Minister war, offensichtlich eine Lektion für verfehltes Krisenmanagement während der Katastrophe um den gestrandeten Tanker Prestige. Fraga war im November 2002, als riesige Ölmengen die galicische Küste verschmutzten, tagelang auf Wachteljagd und kümmerte sich nicht um die Katastrophe, die Fischfang und Tourismus in den betroffenen Gebieten über Monate hinweg lahmlegte.

Klarer Gewinner der Wahlen vom Sonntag war der Chef der galicischen Sozialisten, Emilio Perez Tourino, dessen Partei ihren Stimmenanteil von 23,3 auf 32,5 Prozent ausbauen konnte und zu den bisherigen 17 Mandaten acht weitere dazugewann. Der 56-jährige Tourino, der an der Universität von Santiago de Compostela Wirtschaftswissenschaften lehrt und zwischen 1984 und 1995 unter Felipe Gonzalez als Staatssekretär der Regierung in Madrid angehört hatte, rechnet sich gute Chancen aus, als Nachfolger Fragas erster sozialistischer Regierungschef in Galicien zu werden. Dazu braucht er allerdings die Stimmen der galicischen Nationalisten (BNG), deren Anteil am Sonntag von 23,3 auf 19,6 Prozent sank. Die BNG, die im Jahr 2001 stimmenmäßig vor den Sozialisten lag und wie diese 17 Mandate erzielt hatte, muss sich diesmal mit 13 Sitzen zufrieden geben. Ihr Parteichef Anxo Quintana hat aber im Wahlkampf keine Zweifel daran gelassen, dass er bereit ist, den SP-Kandidaten zum Regierungschef in Galicien zu wählen, falls die Volkspartei ihre absolute Mehrheit verliert.

Den Wahlen von Sonntag war ein kurzer aber heftiger Wahlkampf vorausgegangen, in dem auch der aus Galicien stammende Chef der Volkspartei, Mariano Rajoy und der sozialistische Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero aufgetreten sind. Seit Wochen hatte sich in den Umfragen der Verlust der absoluten Mehrheit der Volkspartei abgezeichnet. Regierungschef Manuel Fraga hatte dazu in den Vorwoche gemeint, mit den Umfragen verhalte es sich so, wie wenn man eine Frau fragt, mit wie vielen Männern sie im Bett gewesen sei. Die Frauen würden da auch nicht die Wahrheit sagen. Diese machistische Aussage hatte zu einem Proteststurm nicht nur der Frauen geführt, worauf sich Fraga offiziell entschuldigte. Er wurde aber nicht müde zu betonen, dass bei einem Verlust der absoluten PP-Mehrheit ein Chaos drohe. Als Lieblingsargument diente ihm dafür das Beispiel Kataloniens, wo vor zwei Jahren der Sozialdemokrat Maragall eine Koalition mit der republikanischen Linken eingegangen ist.

Als Wahlhilfe für Fraga waren auch die drei Großdemonstrationen in den Wochen vor den galicischen Wahlen gedacht, die zwar nicht direkt von der Volkspartei veranstaltet, aber von ihr tatkräftig unterstützt worden waren. Dabei ging es gegen die Politik der sozialistischen Zentralregierung gegenüber der baskischen Terrororganisation ETA, gegen die Pläne, katalanische Dokumente aus der Zeit des Bürgerkrieges aus dem Archiv in Salamanca an Katalonien zurückzugeben und schließlich einen Tag vor der Wahl in Galicien gegen den Regierungsentwurf über die Homosexuellenehe. Die Veranstaltung am Samstag war besonders umstritten, da es einen Tag vor Wahlen in Spanien üblich ist, einen sogenannten "Tag der Reflexion" einzulegen. Führende Madrider PP-Politiker hielten sich - mit Ausnahme der Frau von Ex-Premier Aznar, Ana Botella, - von der Veranstaltung fern, an der laut Polizeiangaben 165.000, nach Angaben der Veranstalter 1,5 Millionen Menschen teilnahmen.

Fraga hatte sich im Wahlkampf ebenfalls gegen die Homosexuellenehe ausgesprochen.

Aber nicht nur innerhalb der Volkspartei gab es Divergenzen über diesen Protestmarsch. Auch die spanischen katholische Kirche zeigte sich gespalten. Nur 19 der 78 spanischen Bischöfe - unter ihnen der Madrider Kardinal Antonio Maria Rouco - gingen gegen die Homosexuellenehe auf die Straße, die katalanischen Bischöfe, Sevillas Erzbischof Carlos Amigo und der neue Chef der spanischen Bischofskonferenz, Ricardo Blazquez, der Rouco im Frühjahr abgelöst hatte, blieben demonstrativ fern.