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Zitterpartie für Mazedoniens Regierung

Von Martyna Czarnowska

Politik

Nach dem gescheiterten Referendum über den künftigen Staatsnamen ist das Parlament in Skopje an der Reihe.


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Skopje/Brüssel/Wien. Mag das Ja auch ein eindeutiges gewesen sein - Klarheit schafft es dennoch nicht. Zwar haben sich neun von zehn Mazedoniern bei einem Referendum für ein Abkommen mit Griechenland ausgesprochen, das zur Lösung des jahrzehntelangen Namensstreits mit dem Nachbarn beitragen soll. Doch gingen nur ein Drittel der Wahlberechtigten am Sonntag zu den Urnen. Und erst ab einer Beteiligung von 50 Prozent wäre das Votum gültig, wenn auch nicht bindend.

Die Regierung unter dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Zoran Zaev steht nun vor einer schwierigen Aufgabe: Sie muss im Parlament eine Zwei-Drittel-Mehrheit für eine Verfassungsänderung finden. Diese ist nötig, um den Staatsnamen in Nord-Mazedonien zu ändern, was Teil der Vereinbarung mit Athen ist. Im Gegenzug will Griechenland seine Blockade gegen die Annäherung Mazedoniens an EU und Nato aufheben. In beiden Ländern haben allerdings die Parlamente Mitspracherecht. Wäre das Referendum nicht gescheitert, hätte in Skopje zumindest Zaev ein stärkeres Mandat bei der Suche nach Verbündeten.

Diese will er trotzdem schon bald beginnen. Wie in der Referendumskampagne möchte der Ministerpräsident auch in der Volksvertretung um Zustimmung zu dem Abkommen werben. Einmal mehr soll dieses außerdem mit dem Weg in die europäische und transatlantische Gemeinschaft verknüpft werden. "Ich werde weiter dieses Land führen, und Mazedonien wird Mitglied der Nato und EU werden", erklärte Zaev noch am Wahlabend. Gleichzeitig schloss er aber Neuwahlen nicht aus, sollte eine Verfassungsänderung nicht möglich sein.

Das Kabinett ist nämlich auf Unterstützung aus den Reihen der nationalkonservativen Oppositionspartei VMRO-DPMNE angewiesen, die bis vor eineinhalb Jahren an der Macht war. Deren Vorsitzender Hristijan Mickoski sprach nach dem Referendum von einer "schweren Niederlage" für die Regierung.

Fingerzeig Richtung EU

"Der politische Kampf ist ausgebrochen - und es liegt nun an Zaev, ihn aufzunehmen", kommentiert Vedran Dzihic vom Österreichischen Institut für Internationale Politik gegenüber der "Wiener Zeitung". Für den Premier sei die Lage zwar nicht aussichtslos, doch sei aus der Opposition größerer Widerstand zu erwarten. "VMRO sieht sich schon auf der Siegerstraße", meint der Politologe. Auftrieb könnten jene Teile erhalten, die sich um die Macht betrogen und in ihrem Stolz gekränkt fühlen. Denn dem Regierungswechsel in Mazedonien ging eine monatelange Verfassungskrise und Pattsituation im Parlament voraus.

Dass sich Ähnliches nach Neuwahlen wiederholen könnte, sollte nicht zuletzt der EU Sorgen bereiten. Die Union hatte Mazedonien immer wieder zu Stabilität aufgefordert, und in den Wochen vor dem Referendum haben Spitzenpolitiker von der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel über Österreichs Kanzler Sebastian Kurz bis hin zu Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg bei Besuchen in Skopje die Menschen zur Teilnahme an der Abstimmung aufgerufen.

Deren Scheitern kann so zum Teil auch als Fingerzeig Richtung EU angesehen werden, findet Dzihic. Denn auch wenn die Gemeinschaft in den vergangenen Wochen ihre Bemühungen verstärkt habe, ändere das nur wenig an der Erweiterungspolitik der vergangenen Jahre. Und die sei nun einmal zögerlich und taktierend gewesen. Tatsächlich gibt es in einigen EU-Staaten große Skepsis gegenüber der Aufnahme neuer Mitglieder, was zusätzliche Hürden für die Beitrittskandidaten bedeutet. Diesen Status hat Mazedonien seit knapp dreizehn Jahren. Der Start von Beitrittsverhandlungen wäre im kommenden Jahr möglich - wenn Athen oder eine andere Regierung es nicht verhindert.

Immerhin hat der griechische Premier Alexis Tsipras seinen mazedonischen Amtskollegen schon ermuntert, weiter an der Umsetzung des Abkommens zu arbeiten. Er selbst muss aber ebenfalls eine Mehrheit im Athener Parlament von dem Kompromiss überzeugen.