Zum Hauptinhalt springen

Zitterpartie um EU-Budget 2006

Von WZ-Korrespondent Wolfgang Tucek

Europaarchiv

Finanzminister feilschen mit Parlament. | Vorerst keine Einigung erwartet. | Brüssel. Beim Streit um die EU-Finanzen tut sich eine neue Front auf. Nicht nur die Verhandlungen um den dringend benötigten Finanzrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 sind gelähmt. Auch die Einigung auf ein Budget für 2006 wird zur Zitterpartie. Hier zanken aber nicht die Mitgliedsstaaten untereinander. Die EU-Finanzminister müssen heute, Donnerstag, mit dem Europäischen Parlament um den Haushalt ringen. Dabei zeigen sich beide Seiten unnachgiebig. Eine Lösung wird daher frühestens im Dezember erwartet.


Hinweis: Der Inhalt dieser Seite wurde vor 19 Jahren in der Wiener Zeitung veröffentlicht. Hier geht's zu unseren neuen Inhalten.

Traditionell verlangen die Abgeordneten zwar die Aufstockung des Ratsvorschlags. Diesmal sprengt das Parlament jedoch mit seinen Forderungen den geltenden Finanzrahmen für 2000 bis 2006. 3,7 Milliarden Euro mehr werden für die Strukturfonds gewünscht, 50 Millionen für Forschung, Entwicklung, Bildung und Klein- und Mittelbetriebe. In der Katastrophenhilfe will das Parlament mit Verweis auf den Tsunami und den Wiederaufbau im Irak 420 Millionen dazu. In diesem Bereich spielten sich die Nachforderungen bisher im Bereich von maximal 200 Millionen Euro ab. Diese Deckelung will das Parlament gleich grundsätzlich überarbeitet sehen.

Parlament will mehr

Der Ministerrat kann diesen Forderungen wenig abgewinnen. Die Mitgliedsländer halten weitgehend an ihrer Position vom Juli fest und wollen nur 111,4 Milliarden Euro oder 1,01 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) nach Brüssel überweisen. 116,2 Milliarden oder 1,05 Prozent macht der Parlamentsvorschlag aus.

Die Sozialdemokraten kündigten bereits an, keine allzu großen Zugeständnisse machen zu wollen. "Wir wollen den Rat und einige Mitgliedsstaaten daran erinnern, wo die Rechte im Haushaltsverfahren liegen", sagte SPE-Fraktionsvorsitzender Martin Schulz. Denn theoretisch sitzen die Abgeordneten am längeren Ast. Ohne ihre Zustimmung im Dezember könnten sie erst einmal ihr höheres Budget beschließen.

Der Rat müsste beim Europäischen Gerichtshof dagegen klagen. "Das kann Jahre dauern", warnte ein Diplomat. Die EU-Kommission müsste die Vorgaben fürs kommende Jahr ausführen. Beschließt das Parlament gar kein Gesetz so müsste monatlich auf Basis des diesjährigen Haushalts abgerechnet werden. Diese Szenarien seien unwahrscheinlich aber möglich, hieß es in Ratskreisen.

Besondere Bedeutung käme dem Budget 2006 zu, wenn die Verhandlungen über den Finanzrahmen auch unter österreichischem und finnischem Vorsitz nächstes Jahr scheitern würden. Es wäre dann die Basis für die notwendigen jährlich neu zu verhandelnden Haushalte ab Anfang 2007. Die Sozialdemokraten setzen aber große Hoffnungen in die Österreicher.

Wenig Zeit für Briten

An den Briten hatte es schon beim ersten Anlauf für das Budget des kommenden Jahres massive Kritik aus Parlament und Kommission gegeben. Während Großbritannien für einen modernen Finanzrahmen mit mehr Geld für Forschung, Bildung und Entwicklung rittert, gab es gerade in diesen Bereichen große Abstriche gegenüber dem Kommissionsvorschlag.

Wie die konkreten Vorstellungen der Briten für den Finanzrahmen sind, wollen sie erst rund zehn Tage vor dem EU-Gipfel am 15. und 16. Dezember preisgeben. Bis 15. muss auch die Einigung mit dem Parlament stehen. Dann entscheiden die Parlamentarier erneut im Plenum über ihre Position.