Iranerin Ebadi setzt sich für 19 politische Häftlinge ein. | Nobelpreisträgerin kommt im November nach Wien. | Thübingen. Wenn die iranische Friedensnobelpreisträgerin Shirin Ebadi durch Europa tourt, dann stets mit der Absicht, auf die dramatische Menschenrechtssituation in ihrem Land aufmerksam zu machen.
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Zuletzt hielt die Iranerin in Thübingen eine "Weltethos-Rede". Einmal mehr forderte Ebadi eine nationale Einheitsfront, bei der Muslime unter Wahrung der Werte des Islam gemeinsam zum Kampf gegen totalitäre Staaten antreten. Dieser "Schulterschluss" solle weder Namen noch Führer haben, sondern im Geiste eines jeden denkenden Muslims verankert sein.
Friedenskämpferin
Ebadi verwies auf die "Islamische Erklärung der Menschenrechte" 1980 in Kairo und ergänzte, dass man durch richtige Auslegung des Islam sowohl Muslim sein als auch die Menschenrechte respektieren und einhalten könnte. Außerdem, so Ebadis Seitenhieb auf die Amerikaner, könne man Menschenrechte nicht mit Bomben aufzwingen. Mit diesen Aussagen beweist die Friedenskämpferin wieder einmal den Mut, sich trotz aller Repressionen in ihrem Land klar zu positionieren. Und Gerechtigkeit einzufordern, beispielsweise für ungerechtfertigt inhaftierte Intellektuelle wie Akbar Ganji oder Abdolfattah Soltani.
Unterstützung für diesen Kampf bekommt die Friedensnobelpreisträgerin jetzt auch von der Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen", die die iranische Justiz in ihrem neuesten Bericht aufs Schärfste kritisiert. Dabei wird auch auf die Fälle "Ganji" und Soltani eingegangen.
Heimliche Verhaftung
Am 30. Juli 2005, dem 51. Tag des Hungerstreiks des iranischen Journalisten Akbar Ganji, wurde einer seiner Anwälte, Abdolfattah Soltani, auf Befehl des Teheraner Generalstaatsanwalts Said Mortazavi heimlich verhaftet. Letzerer ist verantwortlich für den Tod der iranisch-kanadischen Journalistin Zahra Kazemi, die während ihrer Gefangenschaft im Juni 2003 gestorben ist. Der inhaftierte Soltani gehört zu jenen Anwälten, die sich um die Aufklärung dieses Todesfalls kümmern.
Die Verhaftung Soltanis, die sich einige Tage vor Beendigung des Gerichtsverfahrens in diesem Fall ereignete, soll offenbar all jene Anwälte (u. a. auch Ebadi) einschüchtern, die die Todesumstände Kazemis aufzudecken versuchen. "Wenn bewiesen wird, dass Abdolfattah Soltani unter einem falschen Vorwand verhaftet wurde, mit dem vorsätzlichen Ziel ihm Ganjis und Kazemis Fälle zu entziehen, wird veranschaulicht, dass diese beiden Fälle gewisse Bereiche der Justiz, die von Ultra-Konservativen kontrolliert werden, sehr beunruhigt haben", erläutert die Menschenrechtsorganisation "Reporter ohne Grenzen".
Die Festnahme des Rechtsanwalts Soltani, der auch einer der Mitbegründer des Zirkels für Menschenrechtsanwälte ist, wurde von einer unbekannten bewaffneten Gruppe von Männern ausgeführt. Zum Zeitpunkt seiner Verhaftung veranstaltete Soltani ein Sit-in in den Räumen der Teheraner Rechtsanwaltskammer, um gegen einen Haftbefehl, der auf seinem Namen ausgestellt war, zu protestieren. Seither wird er Berichten zufolge in einem Teil des Evin-Gefängnisses, Sektion 209 genannt, festgehalten. Jamal Karimi-Rad, der Pressesprecher der iranischen Justiz behauptet, dass Soltani wegen des Falles "Nuklear-Spione", deren Interessen er verteidige, verhaftet wurde. "Er wird beschuldigt geheime Informationen über Nuklear-Spione innerhalb und außerhalb des Irans zu verbreiten", so Karimi-Rad. Letztes Jahr meldete der Iran die Verhaftung von etwa zehn Personen wegen Spionageverdachts am iranischen nuklearen Programm für die USA und Israel. Die Beschuldigten werden als "Nuklear-Spione" bezeichnet.
Im November wird Ebadi im Zuge ihrer Tournee voraussichtlich auch nach Wien kommen.