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"Zogaj muss Österreich verlassen"

Von Katharina Schmidt

Politik

Alle rechtlichen Möglichkeiten ausgereizt. | Fekter: Zogajs werden abgeschoben, wenn sie nicht freiwillig ausreisen. | Arigona Zogaj hat den Kampf gegen das österreichische Asylrecht verloren. Am Montag hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Beschwerden der heute 18-jährigen Kosovarin und ihrer Mutter Nurie über ein Urteil des Asylgerichtshofs (AsylGH) als unbegründet abgewiesen.


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Demnach wird den Zogajs kein Asyl gewährt und die Ausweisung von Arigona, ihrer Mutter und den beiden Geschwistern verfügt.

Die Höchstrichter pflichten in ihrem Erkenntnis dem AsylGH bei, wonach Arigona Zogaj zwar gut integriert sei, dies aber nur dadurch erreicht hat, dass sie 2004 einer Ausweisung nicht nachgekommen ist. "Eigentlich hätte sie 2004 ausreisen müssen", sagt VfGH-Sprecher Christian Neuwirth dazu.

Die Familie Zogaj hat in Österreich nun alle rechtlichen Möglichkeiten ausgeschöpft. Ein Antrag auf humanitären Aufenthalt ist zwar rein theoretisch möglich, dieser wäre aber "von vornherein aussichtslos", wie die Asylrechtsexpertin Anny Knapp erklärt. Denn einem Bleiberecht müsste das Innenministerium zustimmen - von dort "bekommen die Zogajs aber nie ein Okay", sagt Knapp. Rein faktisch steht einem Bleiberecht entgegen, dass die Zogajs dazu mindestens die Hälfte ihres Aufenthalts legal im Land gewesen sein müssten, was laut Ministerium nicht der Fall ist. Ein ähnlicher Antrag war schon 2005 erfolglos.

Anwalt enttäuscht

Eine weitere Möglichkeit ist der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, der die Einhaltung der Menschenrechtskonvention überprüft. Ein Verfahren dort kann vier bis fünf Jahre dauern, währenddessen ist es möglich, eine aufschiebende Maßnahme, also einen Abschiebungsstopp bis zum Ausgang des Verfahrens, zu beantragen. Der Anwalt der Familie, Helmut Blum, zeigte sich enttäuscht über das VfGH-Erkenntnis, dieses sei aber "selbstverständlich zur Kenntnis zu nehmen". Er werde die Familie "entsprechend beraten".

Verlassen die Zogajs nun nicht freiwillig das Land, werden sie abgeschoben. Bei einer freiwilligen Ausreise besteht die Möglichkeit, einen Aufenthaltstitel zu beantragen - also etwa ein Schülervisum. Im Falle einer Abschiebung ist dies für eineinhalb Jahre nicht möglich. Knapp glaubt aber, dass kein Familienmitglied eine Chance auf einen Aufenthaltstitel hat - immerhin habe Arigona schon vor Jahren erfolglos ein Schülervisum beantragt.

Politisch ist die Situation klar: "Arigona Zogaj muss Österreich verlassen", erklärte Innenministerin Maria Fekter. Und: Wer "nicht selbständig ausreist, wird von der Fremdenpolizei abgeschoben."

"Inhumanes Signal"

Während auch FPÖ und BZÖ die sofortige Ausweisung der Zogajs forderten, sprachen sich die Grünen für eine "humanitäre Lösung" aus. Aus der SPÖ meldete sich der steirische Landeshauptmann Franz Voves zu Wort. Er hält das VfGH-Urteil für eines der "menschenunwürdigsten und inhumansten Signale, die unsere Wohlstandsgesellschaft trotz aller Rechtsstaatlichkeit" geben könne.

Aus der Hofburg hieß es, VfGH-Erkenntnisse seien zu respektieren. Bundespräsident Heinz Fischer hatte sich zuletzt mehrfach für ein humanitäres Bleiberecht ausgesprochen.

Chronologie

* Mai 2002: Ein Asylantrag von Arigonas Vater wird abgewiesen.

* September: Nurie Zogaj und ihre fünf Kinder kommen nach Österreich, alle Asylanträge werden im November abgewiesen.

* 2003: Der VfGH lehnt eine Asylbeschwerde ab.

* 2004: Die Sicherheitsdirektion Oberösterreich bestätigt die Ausweisung.

* 2005: Der humanitäre Aufenthalt wird abgelehnt.

* September 2007: Die Familie wird abgeschoben, Arigona taucht unter.

* 2008: Arigona und ihre Mutter sollen nach Schulschluss ausreisen, dies wird durch psychiatrische Gutachten verhindert.

* Juni 2010: Beschwerden gegen die Ablehnung weiterer Asylanträge scheitern endgültig vor dem VfGH.