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Zoll ist Käsefälschern auf der Spur

Von WZ-Korrespondentin Claudia Rindt

Wirtschaft

Fälscher deklarieren Billigware als Schweizer Käse. | Autobahnzollamt in Konstanz auf Käse spezialisiert. | Konstanz. Produktpiraterie kennt nicht nur die Markenartikelindustrie, auch die Käsewirtschaft wird von Fälschern geplagt. Ausländische Käser versuchen, Billigware als hochwertigen Schweizer Käse in die EU zu schmuggeln, strenge Grenzkontrollen sind angesagt.


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Unter den deutschen Zollbeamten gibt es mittlerweile Experten, die den Geschmack aller bekannten Schweizer Käsearten erkennen. Der Käseprofi Gerhard Schlaich macht nur einen Bissen - und kann die Sorte und den Reifegrad benennen. Der Mann mit dem sensiblen Gaumen arbeitet am Autobahnzoll in Konstanz. Sein Spezialgebiet ist die Käseeinfuhr aus der Schweiz. "In den Papieren kann viel stehen, aber die Wahrheit liegt auf dem Wagen", meint der 53-jährige Beamte.

Jeden Tag rollen über den Konstanzer Autobahnzoll vier bis fünf Lkw mit jeweils 10 bis 15 Tonnen Käse nach Deutschland. Hier verläuft eine der Hauptrouten des Imports. Das Autobahnzollamt ist auf die Abfertigung der Ware Käse spezialisiert.

Hier wurden schon Ladungen mit Billigkäse gestoppt, der nur die typische Silberfolie des Appenzeller Käses trugen.

Aktuell lässt der Zoll Schweizer Scheibenkäse auf seine Herkunft prüfen. Die Beamten haben den Verdacht, dass er in der Schweiz nur verpackt wird. Ob er dadurch schon zum Schweizer Produkt wird, ist derzeit noch unklar.

Zoll und Markenschutz

Die Einstufung kann für die Hersteller erhebliche finanzielle Folgen haben. Für Schweizer Käse gibt es bei der Einfuhr in die EU keine Zölle mehr. Bei einem Produkt unklarer Herkunft kann jedoch ein hoher Zollsatz von 171 Euro pro 100 Kilogramm fällig werden.

Bei Fälschungen ist es möglich, den Hersteller wegen Verstoßes gegen Markenschutzrechte zu belangen. Gerade holländische und deutsche Käser lassen billigen Käse in die Schweiz bringen und führen ihn dann wieder als hochwertigen Schweizer Käse in die EU ein.

Gerhard Schlaich versucht mit Fachwissen, Geschmacks- und optischen Proben, Betrügern auf die Spur zu kommen. Bei Kontrollen sucht er zunächst die Kaseinmarke, eine in der Rinde eingelassene Stempelschrift, auf der die Zulassungsnummer des Betriebs und das Fabrikationsdatum verzeichnet sind.

Nummern und Proben

Auch bei einem 90-Kilogramm-Rad Käse mit gut einem Meter Durchmesser findet der Beamte das verborgene Zeichen schnell. Winzige Unebenheiten in der Rinde und Erfahrungswerte über die Platzierung des Markenzeichens helfen ihm, die schwarze Schrift zu entdecken.

Ist auf den Papieren Markenkäse angemeldet, aber am Käselaib keine Kaseinmarke zu finden, hat Schlaich schon den ersten Hinweis, dass an der Lieferung etwas faul sein könnte. Manche Hersteller wollen sich die Abgaben an die Sortenorganisationen sparen, aber dennoch vom guten Ruf der lizensierten Produkte profitieren.

Nicht nur Nummern, auch optische und Geschmacksproben spielen bei der Käsekontrolle am Zoll eine Rolle. Markenkäse darf in der Schweiz beispielsweise erst nach drei Monaten Reifezeit in den Export gehen und nur aus Milch frei grasender Kühe hergestellt werden.

Löcher zählen

Für eine Kostprobe schneidet der Beamte nicht einfach ein Stück Käse ab, sondern zückt seinen Butterbohrer, ein langes silberfarbenes Hohleisen. Dieses drückt er in den Käselaib.

Wenn er es herauszieht, ist der Bohrkern gefüllt mit Käse. Ein kleines Stück davon bricht er für die Geschmacksprobe ab, das Teil mit der Rinde kommt jedoch zurück in den Käselaib. Dieser darf auch so nach der Zollkontrolle noch in den Verkauf kommen.

Oft genügt jedoch schon ein Blick auf die Käseprobe und Schlaich erkennt, ob es sich um einen Markenkäse oder eine plumpe Fälschung handelt. Er weiß genau, wie viele Löcher beispielsweise ein Stück Greyerzer oder Appenzellerkäse haben darf.

Manchmal hilft dem Käseexperten auch ein einfaches Lineal: Bei einigen Sorten Markenkäse ist nämlich eine Mindestgröße für den Käselaib vorgegeben.