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Zombiewesen auf dem Podest

Von René Freund

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"Doping lässt sich auch mit dem besten Reglement leider nicht verhindern", sagte ein Experte in der Ö1-Wissenschaftssendung "Dimensionen", die dem Thema "Sportgötter oder Sportkrüppel" gewidmet war. Alois Kogler berichtete von der Tagung der Bundessportorganisation Österreich im Spitzensportzentrum Ramsau in der Steiermark. Eigentlich ging es in der Sendung mehr um Medizin als um Sport.

Gentechnologie und Hirnforschung werden in Zukunft im Sport eine ebenso große Rolle spielen wie heute das Gleichgewicht des Schreckens zwischen der Anwendung immer raffinierter werdender chemischer Hilfsmittel und der mit ihr Schritt haltenden Technik zu deren Aufdeckung. Die Spirale wird sich weiterdrehen, bis, so ein anderer Fachmann, niemand mehr merken wird, "dass eigentlich ein Zombiewesen auf dem Podest steht". Den Sportkonsumenten, mittlerweile durch Medikamente, Operationen und Psychopillen selbst am Rand des Zombiehaften angekommen, wird es egal sein: Eine Gesellschaft Süchtiger jubelt den tüchtigsten Süchtigen zu.

Vielleicht kommt es aber auch anders. Wenn irgend einmal die Tour de France - satirisch ausgedrückt - nur noch zwischen den Mannschaften von GlaxoSmithKline, Novartis oder Schering entschieden wird, wenn die Weltrekorde im 100-m-Lauf künftig alle fünf Wochen neu zu definieren sind, wird sich vielleicht niemand mehr dafür interessieren. Es wäre wahrscheinlich heute schon so weit, wenn nicht die scheinheilige Debatte über Doping im Spitzensport - denn längst geht es nur noch darum, wer sich erwischen lässt und wer nicht - eine gewisse Restspannung aufrecht erhielte. Eine ziemlich künstliche.