Im Jahr 2015 unterzeichneten 195 Staaten in Paris ein Klimaschutzabkommen. Acht Jahre später sollen dort finanzielle Lösungen für jene Staaten gefunden werden, die am stärksten betroffen sind, sich selbst aber nicht helfen können.
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Der Krieg in der Ukraine, die Teuerung sowie Maßnahmen gegen die menschengemachte Erderhitzung: Bedarf an finanziellen Mitteln braucht es weltweit aktuell an vielen Fronten. Woher diese Gelder kommen sollen und wie vom Klimawandel besonders betroffene Länder bestmöglich unterstützt werden können, soll am Donnerstag und Freitag bei einem Finanzgipfel in Paris diskutiert werden. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron lädt dafür rund 50 Staats- und Regierungschefs, Vertreter der Weltbank, des Internationalen Währungsfonds, der Vereinten Nationen, der OECD und der Europäischen Union in die französische Hauptstadt. Eine gewichtige Rolle sollen dabei private Finanzierungsmöglichkeiten für Investitionen in die Energiewende spielen.
"Wir brauchen wirklich Billionen Dollar, um diese Investitionen durchzuführen und das kann nicht nur durch Förderungen von Staaten passieren. Deshalb müssen wir schauen, wie wir ein Engagement mit dem Privatsektor eingehen können, schauen, wie wir zum Beispiel auch den Kohleausstieg finanzieren können", sagte Axel van Trotsenburg, der Vizepräsident der Weltbank, am Montagabend in der ZIB2.
Das Problem der Kreditwürdigkeit
Wie diese konkret aussehen könnten, blieb jedoch offen. "Die ärmsten Länder haben normalerweise keine Kreditwürdigkeit, das heißt, sie bekommen im Normalfall keine Gelder von internationalen Finanzmärkten. Damit sie sich aber dennoch finanzieren können, greifen sie meistens auf Gelder von Entwicklungsbanken zu. Diese Gelder kommen als Förderungen in der Regel mit Auflagen und Arbeitsprogrammen ins Land", sagt der Ökonom Klaus Friesenbichler vom Österreichischen Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo).
Um Maßnahmen gegen die menschengemachte Erderhitzung zu finanzieren, reichen diese Gelder aber nicht aus, weshalb private Gelder forciert werden. Ein Problem dabei liegt in der Entwicklungsstufe der jeweiligen Länder. "Eine weitere Entwicklung eines Landes kann nur aus dem Land selbst kommen. Dass man ein vernünftiges Wirtschaftssystem aufstellt, das sich selbst trägt, dass inklusive Wirtschaftspolitik betrieben wird, dass es Rechtssicherheit, wie zum Beispiel Eigentumsrechte gibt. Das sind die Grundvoraussetzungen dafür, dass private Investoren Interesse haben", sagt der Wifo-Experte für internationale Ökonomie.
Weitere Maßnahmen, vom Schuldenerlass bis zur Finanzierung von Maßnahmen gegen die Klimakrise, möchte am Donnerstag und Freitag eine Gruppe von Entwicklungsländern auf die Tagesordnung bringen. Die von Mia Mottley, der Premierministerin der Karibikinsel Barbados, unter dem Vorschlag "Bridgetown-Initiative" eingebrachte Ideen umfassen unter anderem Liquiditätshilfen, Umstrukturierungen der Schulden armer Länder sowie Investitionen in den Privatsektor. Konkret wird in dem Papier gefordert, dass der Internationale Währungsfonds die Forderung nach zusätzlichen Zinsaufschlägen, die hoch verschuldeten Ländern auferlegt werden, ab sofort für zwei bis drei Jahre aussetzen soll. Die "Bridgetown-Initiative" sieht außerdem vor, dass die G20-Gläubigerländer ihren gemeinsamen Rahmen für die Schuldentilgung armer Länder neu gestalten, indem Schuldenerlassgespräche beschleunigt werden.
Zudem wird ein jährlich 100 Milliarden Dollar schwerer Fonds gefordert, den die Mitgliedsstaaten der Vereinten Nationen einrichten sollen, um die klimabedingten Verluste und Schäden in den Entwicklungsländern zu begleichen. Bereits 2009 haben sich die Industrieländer darauf verständigt, ab 2020 jährlich 100 Milliarden Dollar für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern zu mobilisieren. Auch sechs Jahre später auf der Pariser Klimakonferenz wurde festgelegt, dies bis zum Jahr 2025 zuzusichern und danach ein höheres Ziel festzuschreiben. "Österreich erfüllt diese völkerrechtlichen Zusagen nicht und der Staat Österreich ist damit nicht alleine. Es gibt sehr wenige, die das überhaupt erfüllen", spricht Friesenbichler die uneingelösten Versprechen der Industrienationen an.
Entwicklungsländer besonders von der Klimakrise betroffen
Seit jeher ist allerdings bekannt, dass Inselstaaten und Entwicklungsländer wie Barbados von der menschengemachten Erderwärmung besonders hart getroffen werden. "Die Industrieländer tragen als historische Verursacher des Klimawandels eine große Verantwortung. Dennoch sind die Ziele des Pariser Abkommens nur mithilfe der Entwicklungs- und Schwellenländer zu erreichen. Deren klimapolitische Anstrengungen hängen einerseits von deren klimapolitischen Ambitionen und andererseits von glaubwürdiger, vorhersehbarer und verlässlicher Unterstützung der Industrienationen ab", sagte die Direktorin des Deutschen Institutes für Entwicklungspolitik Anna-Katharina Hornidge bereits im September 2021.
Wie viel das "Nicht-Handeln" kostet, hat das Deloitte Center for Sustainable Progress (DCSP) anlässlich des heurigen Weltwirtschaftsforums errechnet: In den kommenden 50 Jahren könnte der Klimawandel 178 Billionen US-Dollar kosten , was einem Rückgang des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 7,6 Prozent allein im Jahr 2070 entspricht, wenn nicht gehandelt wird. Auswirkungen auf die Menschheit, wie Nahrungsmittel- und Wasserknappheit, einer Verschlechterung von Gesundheit und Wohlbefinden insgesamt sowie einem niedrigeren Lebensstandard weltweit, sind hingegen in Zahlen nicht messbar, finden sich aber ebenso im Bericht des DCSP.