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Zu den Kriterien bei (Legal-)Tech-Anbietern

Von Sophie Martinetz

Recht
Sophie Martinetz ist Gründerin und Leiterin von Future-Law, einer unabhängigen Plattform für Legal Tech, sowie Director des WU Legal Tech Centers. Die Digitalisierungsinitiative von Future-Law ist abrufbar unter: https://digitaleinitiative.future-law.at/
© Marlene Rahmann

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Wenn man in der Kanzlei oder in der Rechtsabteilung weiß, welches Problem man mit einem Legal-Tech-Anbieter lösen will (siehe auch "Strategie"), dann ist es wichtig, im Dschungel der Anbieter einen Weg zu finden. Oder besser vielleicht Steine, die einen einen Fluss trockenen Fußes überqueren lassen. Prinzipiell ist es sinnvoll, mehrere Anbieter zum Vergleich heranzuziehen.

Folgende Steine, also Kriterien und Fragen, sind sinnvoll:

Die Leistungsfähigkeit der Technologie? Folgende Überlegungen dazu: Löst das Programm Ihr Problem ganz konkret oder muss man das Programm noch customizen (also anpassen)? Ziehen Sie Ihren IT-Provider hinzu und fragen ihn, wie die Leistungsfähigkeit der Tools im Vergleich stehen.

Die Größe und der Track-Record des Anbieters: Wie lange ist der Anbieter schon im Markt, wie viele Mitarbeiter hat das Unternehmen? Größe ist entscheidend, aber nicht alles. Gerade bei Spezialanbietern wie zum Beispiel ein reines Vertragserstellungstool sind die Unternehmen meist kleiner. Start-ups sind natürlich immer noch Start-ups und durchaus sexy, aber sie haben immer ein Risiko, dass diese aus dem Markt verschwinden. Die Kundenstruktur ist auch wichtig: Gibt es einen riesigen Kunden des Anbieters und sonst nur viele kleine? Sind Sie ein großer Fisch in einem kleinen Teich oder ein kleiner in einem großen Teich? Wie schaut die Eigen- und Fremdfinanzierung des Anbieters aus?

Soll man selber entwickeln oder eine Standardlösung suchen? Das ist eine schwierige Frage: Im Zweifel kaufen Sie lieber eine Anwendung, die 90 Prozent dessen kann, was Sie brauchen. Meist sind die Arbeitsabläufe, die im Tool abgebildet werden, Best Practice und entsprechen vielleicht nicht Ihrem jetzigen Prozess, sind aber in Wirklichkeit viel besser. Selber entwickelt bedeutet immer eine hohen Einsatz Ihrer Zeit und Expertise.

Muss ein Tool, etwa eine Automated Machine Learning (AML) Lösung, antrainiert werden? Bei der Entscheidung für Analyse Tools ist zu erforschen, wie viele Daten erforderlich sind und welche grundlegende Logik, Prozesse und Algorithmen verwendet werden. Sie haben als Käufer ein Recht darauf, diese Details genau verstehen zu wollen. Denn für einen guten Einsatz eines Tools ist es essenziell, dass Sie und alle anderen Kollegen die Ergebnisse gut erklären und plausibilisieren können.

Wie ist die Funktionalität und Bedienbarkeit des Systems für die Juristen? Wir alle sind die Oberfläche unseres Smart Phones gewöhnt. Eine State-of-the-Art-Legal-Tech-Lösung im beruflichen Umfeld muss intuitiv und anwenderfreundlich sein und darf Ihnen nicht mehr Arbeit machen als vorher. Bedenken Sie den potenziellen Schulungsaufwand und setzen Sie mit dem Anbieter dazu einen realistischen Plan auf.

Integrationsfähigkeit in die bestehende IT-Landschaft und Sicherheit (Cybersecurity): Welche Schnittstellen benötigen Sie? Wie funktioniert der Export Ihrer Daten im Fall einer Kündigung des Tools? Binden Sie Ihren IT-Verantwortlichen ein. Achten Sie auch ein einfaches und klares Berechtigungssystem.

Und zuletzt: Nehmen Sie sich Zeit: Gut Ding braucht Weile.