Nach einem Einzug der Demokratin ins Weiße Haus könnte so mancher europäische Regierungschef enttäuscht werden.
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Die Sympathien westlicher Leitmedien sind ihr gewiss - doch das ist bei einem Gegner wie Donald Trump nicht sonderlich schwer. Nachdem sich infolge von Trumps frauenfeindlichen Aussagen vergangene Woche selbst Republikaner von ihm abwenden, wird Hillary Clintons Sieg greifbarer. Europäische Regierungschefs stehen auf der Seite der Demokratin, weil sie sich eine gemäßigte und weltoffene US-Außenpolitik erwarten.
Vielleicht ist es ein Funken Hoffnung, der hier mitspielt. Auf ein Ende der Kriege in Syrien und Libyen etwa, die nicht unter dem Kriegstreiber George W. Bush, sondern im Einvernehmen mit Friedensnobelpreisträger Barack Obama entstanden sind. Auch Hillary Clinton hat noch Chancen auf diese symbolische Auszeichnung, die nunmehr vorzugsweise Staatschefs und internationalen Institutionen verliehen wird. Sie ist rhetorisch geübt und versteht es, das Engagement der USA im Nahen Osten zu rechtfertigen. Die jüngsten Anschläge auf syrische Truppen lassen sich ja schönreden, indem Clinton auf ein Bombenopfer durch russische und syrische Angriffe hinweist. Das lenkt ab. Es stimmt Kritiker aber auch nachdenklich.
Euphorisch scheinen die Prognosen über die Zukunft, die eine Präsidentin Clinton Europa bescheren würde. Wie richtig Prognosen von Außenpolitik-Redakteuren allerdings in den vergangenen Jahren gewesen sind, zeigen deren Fehleinschätzungen zum Arabischen Frühling.
In der Tat wirkt es lächerlich, wenn der Businessman Trump, der die Mehrheit seiner Anhänger unter den sogenannten Wasps (White Anglo Saxon Protestants) im stark rassistischen "Bibelgürtel" der USA hat, von den Rechten der Schwarzen predigt und gleichzeitig der Waffenlobby NRA huldigt. Was jedoch kann sich die afroamerikanische Community von Clinton erhoffen, wenn es nicht einmal dem ersten schwarzen US-Präsidenten gelungen ist, gegen soziale Ungleichheit im Alltag und im Rechtssystem vorzugehen? Während Obamas Amtszeit ist es zu Ausschreitungen in mehreren US-Städten gekommen.
Trumps Wortmeldungen sind mit dem Amt, das er anstrebt, nicht vereinbar. Wieder einmal stellt sich die Frage, was einen konzeptlosen Geschäftstycoon in die hohe Politik treibt. Es ist wohl die Gier nach Macht. Clinton ist aus anderem Holz geschnitzt. Als einstige First Lady und erfahrene Außenministerin hat sie die Sphären der Macht bereits genossen. Syriens Machthaber Baschar al-Assad will sie beseitigt wissen, selbst wenn das radikale Oppositionsführer stärken wird. 55.000 syrische Flüchtlinge mehr als Obama möchte sie in den USA aufnehmen, während Trump jede Verantwortung von sich weist. Clintons Anti-Russland-Rhetorik wiederum mutet an die Zeit des Kalten Krieges an und unterscheidet sich nicht wesentlich von Trumps Verbalangriffen auf China und den Iran.
Eine multipolare Weltordnung passt nun einmal nicht ins Konzept US-amerikanischer Selbstherrlichkeit. Darin sind sich beide Kontrahenten einig. Die EU-Regierungschefs werden auch diese bittere Erkenntnis machen müssen, falls Clinton der Einzug ins Weiße Haus gelingt.