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Studie: Klimawandel lässt Arbeitskraft der Menschen in vielen Regionen sinken.
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Wien. Sengende Hitze auf der Baustelle, Schwitzen im Büro: Der Klimawandel mit steigenden Temperaturen könnte auf lange Sicht längere Ruhepausen nötig machen. "Bei Hitze sinkt die Leistungsfähigkeit. Der Körper braucht Energie für die Kühlung des Körpers, die dann für die Arbeit fehlt", sagt Arbeitsmediziner Harald Regensburger. Die Produktivität sinkt um bis zu 70 Prozent. Zwar könne sich der Körper an hohe Temperaturen gewöhnen, dieser Effekt gehe aber innerhalb weniger Tage wieder verloren.
Die Klimaerwärmung könnte die Arbeitskraft der Menschen in vielen Regionen deutlich einschränken, wie ein Team der National Oceanic and Atmospheric Administration herausgefunden hat. Demnach könnten Teile Eurasiens und der Karibik im Jahr 2100 einen Hitzestress erleiden, wie er heute in Indien herrscht. Um 2050 herum könnte damit die Arbeitskapazität in besonders heißen Monaten auf 80 Prozent sinken, weil mehr Pausen nötig sind. Besonders betroffen sind Beschäftigte im Freien oder in heißen Umgebungen, wie Bau- und Fabriksarbeiter, Feuerwehrleute, Bäcker und Bauern.
Siesta ist nicht optimal
Auch wenn diese Prognosen weit entfernt scheinen - angesichts der andauernden Hitzewelle in Österreich sind Lösungen gefragt, um das Arbeiten bei hohen Temperaturen erträglicher zu machen. Soweit möglich, sollten mehr Pausen gemacht und die Arbeit auf die kühleren Morgenstunden oder den Abend verlegt werden, rät Christine Klien, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Arbeitsmedizin.
Eine stundenlange Siesta über die Mittagszeit sei nicht ideal: "Der Tag wird zerrissen, und abends zu arbeiten ist schwer mit unserer Gesellschaft und Freizeitgestaltung vereinbar." Hildegard Weinke von der Arbeiterkammer bezweifelt ebenfalls, ob die Österreicher einverstanden wären, einen Teil ihrer Arbeitszeit in den Abend zu verlagern. Selbst Spanien hat im Vorjahr die Siesta abgeschafft - Geschäfte dürfen nun zwischen 14 und 16 Uhr offenhalten. In Betrieben fällt die Siesta aufgrund von Klimaanlangen ohnehin immer häufiger aus.
Sinnvoll zur Regeneration ist laut Regensburger ein Power Nap zu Mittag, wie er in Asien verbreitet ist. Wer nicht an einen Arbeitsort gebunden ist, kann seine Aufgaben mit Laptop und Handy an einem kühlen Ort erledigen.
Bei der Arbeit im Freien muss der Arbeitgeber Sonnenbrillen, Sonnencreme und ausreichend Flüssigkeit zur Verfügung stellen. In Innenräumen sorgt eine Klimaanlage für Abkühlung, Betriebe sind aber nicht zum Einbau verpflichtet. Der Arbeitgeber muss durch bauliche Maßnahmen, etwa Jalousien, für Kühlung sorgen, so Weinke. Daher sollten bei Neubauten keine großen Glasflächen ohne Rollos geplant werden. Unabhängig vom Entgegenkommen des Arbeitgebers sollte man bei Hitze "lockere, luftige Kleidung tragen und genügend trinken", sagt Regensburger.
Keine Aussicht auf "hitzefrei"
Seit heuer können Arbeitgeber ihren Bauarbeitern an Tagen mit Temperaturen über 35 Grad freiwillig "hitzefrei" geben - die Bauarbeiter-Urlaubs- und Abfertigungskasse zahlt 60 Prozent des Lohns. Bei der ersten Hitzewelle von 17. bis 20. Juni haben 216 Baufirmen für 3076 Arbeiter die Schlechtwetterentschädigung beantragt. Ein Recht auf "hitzefrei" ist weder am Bau noch in anderen Branchen in Sicht: In vielen Bereichen - ob im Krankenhaus oder im öffentlichen Verkehr - sei dies unmöglich, Gesetzesänderungen dazu seien keine geplant, heißt es aus dem Arbeitsministerium.